Kolumbien / Politik

Adenauer-Stiftung hilft Rechtspopulisten aus Kolumbien

Vertreter von Centro Democrático in Berlin und Brüssel. Nazi-Vergleiche gegen Präsident Santos. Kritische Bewertung von SPD und Linken sowie aus Kolumbien

cd_delegation_peter_hintze.jpg

Die Centro Democrático-Delegation mit dem Vizepräsidenten des deutschen Bundestages, Peter Hintze von der CDU (vierter von rechts)
Die Centro Democrático-Delegation mit dem Vizepräsidenten des deutschen Bundestages, Peter Hintze von der CDU (vierter von rechts)

Berlin. Abgeordnete der rechtspopulistischen Partei Centro Democrático (Demokratisches Zentrum, CD) aus Kolumbien haben in Berlin und Brüssel den laufenden Friedensprozess mit den Rebellen der FARC kritisiert. Zugleich beschuldigten sie den amtierenden Präsidenten Juan Manuel Santos der "unerbittlichen politischen Verfolgung". Kritiker von Präsident Santos würden in einer Art verfolgt, "wie man sie seit der Gestapo, der politischen Polizei der Nazi-Ära, nicht mehr gesehen hat", sagte ein CD-Vertreter.

In Berlin hatten die Parteifreunde von Ex-Präsident Álvaro Uribe einen gut gefüllten Terminkalender. Sie sprachen unter anderem mit der CDU-Bundesabgeordneten Marie-Luise Dött, Daniel Kriener vom Auswärtigen Amt und Medienvertretern, vor allem vom Springer-Verlag.

Der Europa-Besuch wurde maßgeblich von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) organisiert. Der Besuch in Brüssel und Berlin stand am Ende einer Auslandsreise, die Mitte Februar in den USA und Mexiko begonnen hatte. Der Ex-Präsident und derzeitige Senator Uribe war in den USA und Mexiko selbst dabei. Ein anvisiertes Treffen im Weißen Haus fand jedoch nicht statt.

In kolumbianischen Medien wurde derweil gemutmaßt, dass die Angriffe von CD-Vertretern gegen die Justiz des südamerikanischen Landes eine Reaktion auf Ermittlungen gegen einige ihrer Mitglieder ist. Die Staatsanwaltschaft verfügt über belastende Hinweise gegen den CD-Vorsitzende Óscar Iván Zuluaga, seinen Sohn David Zuluaga und den PR-Mann Luis Alfonso Hoyos wegen illegalem Bespitzeln der Delegationen bei den Friedensverhandlungen. Hoyos ist inzwischen nach Miami, USA, geflohen. Auch Ex-Präsident und CD-Parteichef Uribe könnte durch Aussagen der früheren Geheimdienschefin María del Pilar Hurtado wegen rechtswidriger Bespitzelung von Staatsfunktionären und Oppositionellen während seiner Amtszeit in Bedrängnis kommen.

Der SPD-Abgeordnete und Vorsitzende der Deutsch-Südamerikanischen Parlamentariergruppe, Klaus Barthel, zeigte sich nach einem Gespräch mit den CD-Vertretern im Bundestag skeptisch. "Die Partei stellt Anforderungen an den Friedensprozess, die so angelegt sind, dass  sie nicht erfüllt werden können", sagte Barthel gegenüber amerika21. Dennoch repräsentiere Centro Democrático eine nicht unerhebliche Minderheit der Wählerschaft in Kolumbien. "Ich hoffe, dass sie zu einer konstruktiveren und nach vorne gerichteten Rolle findet und nicht das Ziel verfolgt, den Friedensprozess zum Scheitern zu bringen." Er begrüße es, dass die KAS dazu beitrage, den Dialog zwischen kolumbianischen und europäischen Abgeordneten zu intensivieren. Dabei werde schließlich auch deutlich, dass es in Europa und in Deutschland kein Verständnis für eine Politik in Kolumbien gebe, die nicht gerade jetzt alle Chancen für einen dauerhaften inneren Frieden und Ausgleich nutzen würde, so Barthel.

Kritischer äußerte sich die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Hänsel. "Die Vertreter der Partei Centro Democrático haben in Berlin vor allem eines deutlich gemacht: Sie haben kein ernsthaftes Interesse an einem Friedensabkommen mit der Guerilla", sagte Hänsel gegenüber amerika21. Mitunter hätten sie skurrile Thesen vertreten: die Friedensverhandlungen würden negative Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft des Landes haben, weil die FARC-Rebellen eine Regulierung des Bergbaus und eine Landwirtschaftsreform fordern.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Tom Königs, sagte: "Ich halte den Friedensprozess für eine Chance für Kolumbien. Je mehr Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden, desto besser."

In der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá zeigte sich der Abgeordnete der linksgerichteten Oppositionspartei Polo Democrático (Demokratischer Pol), Alirio Uribe Muñoz, besorgt über die Werbetour der Rechtspopulisten. "Die Vertreter von Centro Democrático erklären offen ihre Ablehnung des Friedensprozesses", sagte Uribe Muñoz im Gespräch mit amerika21. Der Vorwurf, die Regierung Santos würde das Land dem Terrorismus ausliefern, "hat aber weder rechtlich noch politisch Bestand", fügte der Jurist an. Den rechtspopulistischen Politikern gehe es offenbar darum, "im Ausland die Unterstützung zu mobilisieren, die sie im Land nicht haben und zugleich von den Ermittlungen gegen mutmaßliche Straftäter in den eigenen Reihen abzulenken."

Anmerkung der Redaktion: Amerika21 hat den Abgeordneten von Centro Democrático Santiago Valencia González und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zu dem Besuch Fragen eingereicht. Weder Herr Valencia noch die Pressestelle der KAS haben geantwortet.