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Minenprojekt zerstört Gletscher in Chile und Argentinien

Experte bestätigt massive Beschädigung durch Bauarbeiten für das Minenprojekt Pascua Lama. Barrick Gold plant Förderung von Gold, Silber und Kupfer

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"Barrick - Bergbau verantwortlich für die Zerstörung der Gletscher"
"Barrick - Bergbau verantwortlich für die Zerstörung der Gletscher"

Santiago. Die Zerstörung der Gletscher Toro I, Toro II und Esperanza im Grenzgebiet von Chile und Argentinien ist nicht durch den Klimawandel bedingt, sondern auf die vorsätzliche Beschädigung durch das kanadische Bergbauunternehmen Barick Gold zurückzuführen. Dies wurde in einem Gerichtsverfahren gegen die Firma bestätigt.

Andrés Rivera, eigens von Barrick Gold angeheuerter Experte für Glaziologie und Klimawandel, sagte aus, dass die Bergbaufirma die jahrtausendealten Gletscher im Zuge der Bauarbeiten für das Minenprojekt Pascua Lama massiv beschädigt habe. Damit entkräftete er die offizielle Version von Barrick Gold, nach der die drei Gletscher, die oberflächlich inzwischen fast vollständig zerstört sind, aufgrund der Erderwärmung geschmolzen wären.

Das geplante Minenprojekt Pascua Lama liegt 600 Kilometer nördlich von Santiago in einer Höhe von über 4.000 Metern und soll dem weltweit größten Goldförderer horrende Gewinne einfahren. Jährlich sollen bis zu 17,5 Tonnen Gold, 850 Tonnen Silber und 5.000 Tonnen Kupfer gefördert werden. Das Megaprojekt hat jedoch neben den langfristigen Konsequenzen für den Klimawandel tief greifende Auswirkungen auf das Leben der Bewohner der Region. Die Edelmetalle sollen mit hochgiftigem Zyanid aus dem Erz gelöst werden. Dadurch würde der gesamte Wasserkreislauf angegriffen werden. Hinzu kommt die Zerstörung der Gletscher. Da viele Bewohner kleinbäuerliche Bewässerungswirtschaft betreiben, sind sie sowohl auf sauberes Wasser als auch auf Schmelzwasser während der Trockenmonate angewiesen. Das Huasco-Tal, dessen Existenz von den Gletschern abhängt, hat zudem die wichtige Funktion, eine weitere Ausbreitung der Atacama-Wüste aufzuhalten.

Der Widerstand gegen die Mine hatte sich bereits kurz nach der Baugenehmigung für Barrick Gold im Jahr 2001 formiert und ist in massive Proteste und mehrere Klagen gegen die kanadische Betreibergesellschaft gemündet. Im April 2013 wurde das Projekt gestoppt und Barrick Gold zu einer Strafe von umgerechnet 16 Millionen US-Dollar verurteilt, weil gegen wichtige Umweltstandards, unter anderem die Reinigung des vergifteten Wassers, verstoßen worden war.

Nachdem die Firma in Berufung gegangen war, bestätigte das Oberste Gericht Chiles im Dezember vergangenen Jahres das Urteil und entschied, dass vor dem Umweltgericht aufgrund einer veränderten Beweislage erneut über die Strafe verhandelt werden müsse. Die neue Geldstrafe könnte bis zu 20 Mal höher ausfallen als die bisherige. Barrick Gold plant nach wie vor die Wiederaufnahme des Projekts – insofern es angesichts der Vorkommnisse und neuen Anforderungen nach wie vor rentabel für die Firma ist. Nach Angaben der Firma können die Bauarbeiten frühestens in zwei Jahren nach einer vorherigen behördlichen Prüfung des Abwassersystems wieder aufgenommen werden.

Den Klägern im aktuellen Fall – 20 Kleinbauern aus dem Huasco-Tal – ging dies nicht weit genug. Da das Projekt durch die Zerstörung der Gletscher irreparable Umweltschäden verursache, die weitreichende Auswirkungen auf das umliegende Ökosystem hätten, müsse es definitiv gestoppt werden. Die Klage wurde 2013 beim Umweltgericht eingereicht; ein Urteil wird im Laufe des nächsten halben Jahres erwartet.

Das Minenprojekt Pascua Lama ist durch die zahlreichen Umweltskandale sowie das Übergehen der Einwände der Bevölkerung zum Sinnbild für den Raubbau an Mensch und Natur geworden, der im neoliberalen Chile insbesondere im Kontext von Megaprojekten betrieben wird. Das Gerichtsurteil gegen den Multikonzern Barrick Gold aus dem Jahr 2013 war deswegen ein Novum für das südamerikanische Land; zum ersten Mal wurde einem Betreiberunternehmen eine Strafe auferlegt. Angesichts der finanziellen Abhängigkeit Chiles vom Minengeschäft bleibt abzuwarten, ob dem Projekt definitiv ein Riegel vorgeschoben wird.

In Chile befinden sich 82 Prozent der lateinamerikanischen Gletscher, sie stellen damit die Mehrheit des Süßwasservorkommens der Region. Gleichzeitig ist das südamerikanische Land weltweiter Spitzenreiter in der Zerstörung von Gletschern. Deswegen fordern nun neben zahlreichen Umweltverbänden und Betroffenen auch einige Abgeordnete ein Gesetz zum Schutz der Gletscher. Auf ihre Initiative, die im Mai vergangenen Jahres präsentiert worden war, haben bislang weder der Kongress noch die Exekutive reagiert.