Chile / Politik

Kleine Parteien in Chile bekommen eine Chance

Präsidentin Bachelet setzt neues Wahlrecht in Kraft. Binominales System war noch ein Erbe der Militärdiktatur. Rechte boykottiert Festakt

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Präsidentin Bachelet bei der feierlichen Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes
Präsidentin Bachelet bei der feierlichen Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes

Santiago de Chile. Chiles Präsidentin Michelle Bachelet hat mit ihrer Unterschrift ein neues Wahlgesetz in Kraft gesetzt. Damit wird das bisher gültige binominale Wahlsystem durch ein Verhältniswahlrecht ersetzt. "Wir haben ein Vierteljahrhundert auf diesen Moment gewartet", sagte die Sozialdemokratin: "Nach 25 Jahren beseitigen wir, was den Willen und die Teilhabe der Menschen entstellt hat."

Das Gesetz wurde bereits im Januar vom Kongress beschlossen und ist eines der programmtischen Vorhaben, die sich Bachelet für ihre Amtszeit vorgenommen hat. Die rechte Oppositionspartei Unión Demócrata Independiente (UDI), die in direkter Nachfolge der Diktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) steht, demonstrierte ihre Ablehnung der Reform, indem ihre Vertreter bei der Feier zur Gesetzesreform demonstrativ fernblieben.

Das binominale System, das Pinochet noch in den letzten Monat seiner Amtszeit einführte, begünstigte große Parteien beziehungsweise Parteienbündnisse. Einzelne, kleinere Parteien blieben chancenlos. In jedem Wahlkreis wurden bisher zwei Abgeordnete gewählt. Die Partei respektive das Parteienbündnis mit den meisten Stimmen und die Partei mit den zweitmeisten Stimmen sendeten jeweils den erstplatzierten Abgeordneten. Erzielte eine Partei doppelt so viele Stimmen wie die zweitstärkste Partei erhielt sie beide Sitze. Alle weiteren Parteien gingen leer aus.

Das führte dazu, dass die Wahlen bisher ausschließlich vom Mitte-Links-Bündnis Concertación und dem rechtem Bündnis Alianza por Chile bestimmt wurden. Im Parlament kam es dann häufig zu Pattsituationen. Seit dem Ende der Diktatur hat es bis heute 26 gescheiterte Versuche gegeben, das Wahlgesetz zu ändern.

Nach dem neuen Wahlrecht, das 2017 in Kraft tritt, werden nun in einigen Wahlkreisen – je nach Einwohnerzahl – bis zu fünf Abgeordnete entsandt. Die Zahl der Abgeordneten im Abgeordnetenhaus steigt um 35 und im Senat werden zwölf Senatoren mehr vertreten sein. Unabhängigen Kandidaten und kleineren Parteien wird es künftig zumindest formal erleichtert, ins Parlament einzuziehen.