Frauen in Venezuela gründen landesweite Organisation

Unamujer soll feministische Gruppen und nicht organisierte Frauen im Land zusammenbringen. Beteiligung an Ausarbeitung staatlicher Politiken geplant

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Mehr als 52.000 Frauen haben sich bereits in die Nationale Frauenunion eingeschrieben
Mehr als 52.000 Frauen haben sich bereits in die Nationale Frauenunion eingeschrieben

Caracas. Innerhalb einer Woche haben sich in Venezuela bereits mehr als 350.000 Frauen in die Nationale Frauenunion (Unión Nacional de Mujeres - Unamujer) eingeschrieben. Die neue Organisation soll die Aktivitäten der Frauen in den lokalen Selbstverwaltungsstrukturen und den staatlichen Institutionen in Bereichen wie sexuelle und reproduktive Rechte, Bildung, Gewalt gegen Frauen, extreme Armut und Produktion vereinen. Mehr als 400 feministische Gruppen beteiligen sich am Aufbau von Unamujer.

Die Registrierung, die für alle Frauen ab 15 Jahren möglich ist, wird zunächst bis zum 17. Mai auf den zentralen Bolívar-Plätzen und in mehr als 500 staatlichen Internetcafés im ganzen Land sowie seit dem 7. Mai auch online über die Unamujer-Webseite durchgeführt. Ziel dieser ersten Phase sei die Aufnahme von rund zwei Millionen Frauen, so die Aktivistin Laura Franco. Diese sollen dann in ihren Bezirken bei Versammlungen die programmatischen und organisatorischen Details der neuen Struktur diskutieren und dazu Vorschläge einbringen. Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, soll der erste Unamujer-Kongress stattfinden, eine Leitung gewählt und die verschiedenen Organismen ins Leben gerufen werden. Die neue Organisation solle eine Plattform für die verschiedenen Frauenbewegungen des Landes, aber zugleich ein Zusammenschluss werden, der ebenso nicht organisierte Frauen einbeziehe. Auch in den Frauengefängnissen werde die Registrierung durchgeführt, teilte die Ministerin für den Strafvollzug, Iris Varela, mit. Niemand werde ausgeschlossen.

Die Ministerin für Frauen und Geschlechtergleichstellung, Gladys Requena, rief alle Frauen des Landes auf, sich zu beteiligen, um "eine starke Organisation aufzubauen, deren Hauptziele der Kampf für die Rechte der Frauen, die politische Parität, die Gleichstellung der Geschlechter und der Kampf gegen den Imperialismus sind". Die landesweite Frauenorganisation solle auch direkt an der Ausarbeitung staatlicher Politiken mitwirken, so Requena.

Die Entscheidung für Unamujer war beim nationalen Frauenkongress getroffen worden, der vom 6. bis 8. März dieses Jahres in der venezolanischen Hauptstadt mit mehr als 8.000 Frauen stattfand. Die dort ausgearbeiteten Beschlüsse und Vorschläge wurden an Präsident Nicolás Maduro übergeben. Der "feministische Charakter der Bolivarischen Revolution" müsse gestärkt werden, so die Aktivistinnen. Auch müsse der Staat sich verpflichten, "das Recht auf eine erfüllte Sexualität, sichere Geburt, freie Mutterschaft und freiwillige Sterilisation zu garantieren". Präsident Maduro wurde aufgefordert sicherzustellen, dass bei den nächsten Wahlen die Formel "50 zu 50" umgesetzt werde.

Seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 hat die Frauenbewegung zahlreiche Veränderungen durchgesetzt. Sie brachte in die neue Verfassung und in verschiedene Gesetze eigene Inhalte ein. Im Zivil- und im Arbeitsrecht und in vielen anderen Bereichen wurden Diskrimierungen aufgrund geschlechtlicher Merkmale verboten. Im Jahr 2012 trat ein neues Arbeitsgesetz in Kraft, mit dem Hausarbeit als Arbeit definiert wird, die als solche auch die Einbeziehung in das Sozialversicherungssystem und den Bezug einer Rente garantiert. Ein Gesetzesprojekt zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, das dem Parlament seit Jahren vorliegt, konnte bislang nicht verwirklicht werden.

Durch die Verbesserungen in der Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik konnten fast zehn Millionen Frauen aus der Armut befreit und eine starke Beteiligung von Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen und staatlichen Institutionen erreicht werden. So sind 72 Prozent der Studierenden an den Universitäten Frauen. Der venezolanische Gerichtshof setzt sich zu 53 Prozent aus Frauen zusammen. Die basisdemokratischen kommunalen Räte werden mehrheitlich von Frauen geleitet, auch die Mehrheit ihrer Aktiven ist weiblich. 

Seit Dezember 2014 sind in Venezuela neue Gesetze zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen in Kraft. Darin sind 19 verschiedene Formen von Gewalt gegen Frauen definiert, unter anderem psychologische, institutionelle oder symbolische. Das Land zählt zu den wenigen weltweit, die die Ermordung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts mit hohen Freiheitsstrafen von bis zu 30 Jahren im Gesetzbuch verankert haben.