Venezuela bestellt aus Protest deutschen Diplomaten ein

Äußerungen von Außenamtssprecher Schäfer in Berlin zurückgewiesen. Neuer Fall folgt wenige Tage nach Kritik an EU-Politiker Martin Schulz von der SPD

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Jörg Polster, Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Venezuela
Jörg Polster, Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Venezuela

Caracas. Venezuelas Außenministerium hat am Donnerstag den Geschäftsträger der deutschen Botschaft, Jörg Polster, einbestellt, um gegen Äußerungen des deutschen Außenamtssprechers Martin Schäfer zu protestieren. Polster sei aufgefordert worden, dessen "interventionistische Äußerungen" zu erklären, heißt es in einem Bericht des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur. Am Freitag sprach Venezuelas Botschafter in Berlin, Orlando Maniglia, in dieser Sache im Auswärtigen Amt vor und überreichte eine Protestnote.

Tags zuvor waren Venezuelas Außenministerin Delcy Rodríguez und der Vizeaußenminister für Europa, Calixto García, mit Polster zusammengekommen, um ihm die Position ihrer Regierung zu "den falschen und tendenziösen Informationen" mitzuteilen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin hatte sich bei der Regierungspressekonferenz am Mittwoch zu Venezuela geäußert. Auf eine Frage zum EU-Celac-Gipfel in der kommenden Woche und zur Lage in Venezuela sagte Schäfer:

"Die Lage in Venezuela ist hier von unserer Seite aus bereits mehrfach beschrieben und auch kritisiert worden. Wir sind in Sorge über das, was wir in den letzten Jahren insbesondere in den letzten Monaten in Caracas und anderswo beobachten. Die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition haben dort mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen geführt. Es gibt Sorgen in der gesamten Europäischen Union im Hinblick auf die Achtung von bürgerlichen Freiheiten: der Versammlungsfreiheit, der Meinungsfreiheit und einigen anderen. Deshalb ist es gut, dass wir uns gemeinsam mit unseren Partnern in Lateinamerika diesem Thema zuwenden und uns austauschen können."

Bei dem Treffen mit dem Geschäftsträger der deutschen Botschaft sei es darum gegangen, eine Erklärung für die "respektlosen und interventionistischen" Äußerungen des deutschen Ministeriumssprechers zu verlangen, hieß es aus dem venezolanischen Außenministerium. "In den kommenden Tagen wird die bolivarische Regierung eine Protestnote verfassen, die der deutschen Regierung über den venezolanischen Botschafter Orlando Maniglia offiziell übergeben werden wird", zitiert Telesur eine Erklärung das Außenamtes in Caracas. Zuvor hatte die venezolanische Presse über Äußerungen Schäfers berichtet.

Während die Botschaft Venezuelas in Berlin den Vorgang auf Anfrage von amerika21 am Freitag nicht kommentieren wollte, hieß es aus dem Auswärtigen Amt, man nehme die Einlassungen des venezolanischen Außenministers gegenüber dem Geschäftsträger der deutschen Botschaft "mit dem gebotenen Respekt zur Kenntnis". Das Außenamt teile jedoch nicht die Auffassung, dass es sich um eine Einmischung in innere Angelegenheiten gehandelt habe. "Dies wurde auch dem Botschafter Venezuelas am 5. Juni in einem Gespräch mit dem Lateinamerikabeauftragten im Auswärtigen Amt dargelegt", so die Stellungnahme aus den deutschen Außenministerium.

Der Zwischenfall droht die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Venezuela weiter zu belasten. Vor wenigen Tagen erst hatte der linksgerichtete Präsident des südamerikanischen Landes, Nicolás Maduro, gegen ähnliche Äußerungen des deutschen SPD-Europaabgeordneten und Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, protestiert. Der deutsche Sozialdemokrat hatte sich zuvor besorgt über die ökonomischen und sozialen Probleme in Venezuela geäußert. "Dieser Herr weiß nicht, wo Venezuela liegt, aber er hat die Unverfrorenheit zu erklären, dass er sich um die wirtschaftliche und soziale Situation des Landes, die Gewalt und die Verletzung der Menschenrechte sorgt", sagte Maduro daraufhin. "Herr Präsident des Europäischen Parlaments, sorgen Sie sich um die Armut in Europa und die Tausende Flüchtlinge aus Afrika, die Sie bombardiert haben und die auf Ihren Kontinent strömen, um zu überleben", so Maduro weiter.

Auch im April vergangenen Jahres war es zu einem Schlagabtausch zwischen den Außenministerien beider Länder gekommen. Venezuela hatte sich laut diplomatischer Quellen bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier über den damaligen deutschen Botschafter Walter Lindner beschwert. Nach Ansicht des venezolanischen Außenamtes hatte der gebürtige Münchner in Interviews mit den regierungskritischen Tageszeitungen El Nacional und El Universal Vergleiche zwischen der aktuellen Lage in Venezuela und dem NSDAP-Regime gezogen. In Venezuela war das als Verstoß gegen die diplomatischen Gepflogenheiten gewertet worden.