Festnahmen von Migranten in Mexiko nehmen zu

In Mexiko werden mehr Zentralamerikaner als in den USA festgenommen. Einwanderer sind erneut Opfer von bewaffneten Gruppen

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Zehntausende Mittelamerikaner durchqueren Mexiko jedes Jahr auf ihrem Weg in die USA. Viele fahren als blinde Passagiere auf Güterzügen von Süden nach Norden.
Zehntausende Mittelamerikaner durchqueren Mexiko jedes Jahr auf ihrem Weg in die USA. Viele fahren als blinde Passagiere auf Güterzügen von Süden nach Norden.

Mexiko-Stadt. Seit Oktober sind in Mexiko die Festnahmen von zentralamerikanischen Migranten stark angestiegen und haben sogar die Zahlen aus den USA übertroffen. In den letzten sieben Monaten haben mexikanische Behörden circa 93.000 Migranten aus Honduras, Guatemala und El Salvador festgenommen. In diesem Zeitraum sind in den USA ungefähr 70.000 Einwanderer aus den gleichen Herkunftsländern in Haft genommen worden. 

Grund der Veränderung ist das umstrittene Regierungsprogramm "Südgrenze". Diese staatliche Initiative ist wegen der steigenden Anzahl erwachsener, vor allem aber minderjähriger Migranten ins Leben gerufen worden, die ohne Begleitung ihrer Eltern durch Mexiko Richtung USA fahren. Vor der Umsetzung des Programms nahmen die USA zwischen Oktober 2013 und April 2014 fast 160.000 nichtmexikanische Migranten fest, Mexiko dagegen nur circa 50.000.

Der mexikanische Präsident Peña Nieto verkündete beim EU-Celac-Gipfel in Brüssel im Juni, dass seit der Einführung von "Südgrenze" im Juli 2014 Mexiko praktisch "eine Migrationsrate von null" hätte.

Das Programm beinhaltet allerdings härtere Kontrollmaßnahmen. So wurden Checkpoints in Mexiko eingerichtet, um Migranten ausfindig zu machen. Herbergen werden zudem ständig von der lokalen Polizei überwacht. Der Güterzug, der Mexiko durchquert, bekannt als "La Bestia" (die Bestie), hat seine Fahrgeschwindigkeit erhöht, damit die Migranten nicht mehr darauf aufspringen können. Zehntausende Einwanderer aus Mittelamerika nutzten diesen Zug, um in die USA zu kommen.

Die neue Art der Festnahmen sei gewaltsamer und schneller geworden, so Rubén Figueroa, Sprecher einer Organisation von mittelamerikanischen Migranten. Die Einwanderer hätten keine Gelegenheit mehr, bei ihrer Festnahme einen Asylantrag zu stellen. Denn sobald ihre Nationalität festgestellt werde, würden sie umgehend zurückgewiesen. Sie dürften ihre Verwandten nicht anrufen, und juristische Unterstützung bekämen sie auch nicht.

Auch aus den USA kommt Kritik an dem Programm. Für Maureen Meyer, innerhalb der NGO Washington Office on Latin America (Wola) für Mexiko und die Rechte der Migranten zuständig, ist klar, dass "die Migranten nun gefährlichere und längere Wege in Richtung USA nehmen. Der Migrationsfluss wird aber nicht weniger."

Hinzu kommt, dass die häufig gewaltsamen Angriffe der organisierten Kriminalität gegen die Migranten oft in Kooperation mit den nationalen Sicherheitskräften und Mitarbeitern des mexikanischen Ministeriums für Migration (INM) geschehen. Zum Beispiel entführt die organisierte Kriminalität Migranten mit Unterstützung der Behörden und verlangt von Familienangehörigen in den USA Lösegeld (amerika21 berichtete).

Die Angriffe der letzten zwei Wochen bestätigen das. Im Bundesstaat Sonora eröffneten Männer in Militäruniform das Feuer auf eine Gruppe von etwa 120 Einwanderern aus Mittelamerika. Mindestens 13 von ihnen konnten entkommen und brachten sich nach einem beschwerlichen Weg durch die Wüste in Sicherheit.

Ähnliche Attacken ereigneten sich im Bundesstaat Veracruz im Osten des Landes. Dort haben mit Pistolen, abgesägten Schrotflinten und Macheten bewaffnete Männer rund 100 Migranten angegriffen, die als blinde Passagiere auf dem Güterzug Richtung USA unterwegs waren, und von ihnen Geld gefordert.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte nun durch ihre Regionalchefin in Mexiko, Erika Guevara-Rosas, dass die mexikanischen Behörden die Migranten schützen sollten. "Mexiko ist zu einer Todesfalle für Migranten geworden, mit brutalen Gangs, die nur darauf warten, um sie für ein paar Dollar anzugreifen", kritisierte Guevara-Rosas.