Mexiko / Militär

Soldaten in Mexiko eröffnen das Feuer auf protestierende Indigene

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Straßensperre in Ostula
Straßensperre in Ostula

Mexiko-Stadt. Soldaten der mexikanischen Bundesarmee haben am Sonntag eine Straßensperre von Nahua-Indigenen in Michoacán angegriffen und dabei einen zwölfjährigen Jungen tödlich verletzt. Mindestens vier weitere Personen, darunter ein sechsjähriges Mädchen, erlitten Schussverletzungen. Die Indigenen protestierten mit ihrer Aktion gegen die Verhaftung des Anführers einer lokalen Miliz. Der Angriff geschah in Ixtapilla, unweit der Gemeinde Santa María Ostula an der Pazifikküste des Bundesstaates Michoacán. Stunden vor den tödlichen Schüssen hatten Soldaten den Anführer der Selbstverteidigungseinheit der Küstendörfer von Michoacán, Semeí Verdía Zepeda, festgenommen.

Das 700-Seelen-Dorf Santa María Ostula hat sich als eine der ersten Gemeinden Michoacáns zur bewaffneten Selbstverteidigung gegen die Drogenmafia entschlossen und besetzte 2009 den Küstenstreifen Xayakalan – gegen die Interessen lokaler Mafiabosse. Die daraufhin einsetzende systematische Verfolgung kostete 32 Bewohnern von Ostula das Leben, fünf weitere sind verschwunden. Der Bezirk Aquila ist reich an Bodenschätzen, insbesondere Eisen. Der in Lateinamerika führende Stahlproduzent Terbium S.A. besitzt in Aquila ein Eisenbergwerk, das nach Aussagen von Anwohnern bei der Verfolgung der indigenen Selbstverteidigung eine wichtige Rolle spielen soll.

Santa Verdía Zepeda, sowohl Anführer der Gemeindepolizei von Ostula als auch Generalkoordinator der Selbstverteidigungsgruppen der Küste von Michoacán, überlebte allein seit Dezember 2014 drei Mordanschläge. Er beklagt die mutmaßliche Komplizenschaft zwischen der lokalen Politik, der Bergbaugesellschaften und den Mafiagruppierungen an. Nun wirft ihm die mexikanische Regierung illegalen Waffenbesitz vor. Mehrere Anführer der Selbstverteidigungseinheiten und autonomen Gemeindepolizeien in den Bundesstaaten Michoacán und Guerrero wurden in jüngster Zeit festgenommen.

Laut Beobachtern wie dem Kolumnisten der Tageszeitung La Jornada, Julio Hernández López, ist der Angriff der Militärs in Ostula auch im Zusammenhang mit der Flucht des Drogenbarons Joaquín Guzmán zu sehen, welche die Regierung erneut bloß stellte: Präsident Enrique Peña Nieto "sieht die Notwendigkeit von Machtdemonstrationen, um dem Eindruck des Kontrollverlustes entgegenzuwirken", so Hernández López. Der kritische pensionierte General José Francisco Gallardo Rodríguez, der für die Forderung einer Ombudsstelle für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Truppe von 1996 bis 2002 in Haft saß, kritisiert in einem Interview die Zunahme von Massakern durch Militärs und befürchtet, dass die fehlgeschlagene Strategie in der öffentlichen Sicherheit das Land "in Richtung eines Bürgerkriegs" führt.