Chile / Menschenrechte

Anklagen wegen Mordes an Victor Jara in Chile erhoben

42 Jahre nach den Morden an Victor Jara und Littré Quiroga Carvajal erhebt ein Berufungsgericht Anklage gegen frühere Armeeangehörige

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Victor Jara wurde mit seinem Protestliedern zum Idol der armen Landbevölkerung Chiles
Victor Jara wurde mit seinem Protestliedern zum Idol der armen Landbevölkerung Chiles

Santiago de Chile. Zehn ehemalige Militärs sind vor einem Gericht in Santiago de Chile wegen der Entführung und Ermordung des berühmten chilenischen Liedermachers Victor Jara sowie des Zuständigen der Regierung Salvador Allende für das Gefängniswesen, Littré Quiroga Carvajal, angeklagt.

42 Jahre nach den Morden hat Miguel Vázquez Plaza, Richter am Berufungsgericht in Santiago de Chile, Anklage erhoben. Bekannt sind bisher die Namen Hugo Sánchez Marmonti, Raúl Jofré González, Edwin Dimter Bianchi, Nelson Haase Mazzei, Jorge Smith Gumucio, Ernesto Bethke Wulf, Juan Jara Quintana, Hernán Chacón Soto und Patricio Vásquez Donoso. Vier von ihnen stellten sich, bei den anderen werden Festnahmen erwartet. Außerdem läuft ein Verfahren gegen den ehemaligen Leutnant Pedro Barrientos Nuñez, der 1989 aus Chile in die USA zog. Barrientos soll 1973 die Schüsse auf Jara abgegeben haben. Er wurde nicht auf die Liste der Angeklagten des Gerichts in Santiago aufgenommen, um das Verfahren um seine Auslieferung nicht zu beeinflussen.

Der Dichter, Musiker und politische Aktivist Victor Jara wurde mit seinem Musikstil "Nueva Cancion" berühmt. Mit seinen folkloristischen Protestliedern über soziale Ungerechtigkeit und Menschenrechte wurde Jara, der Mitglied der Kommunistischen Partei war, bei der armen Landbevölkerung und der Linken sehr beliebt und auch international bekannt. Neben seinen musikalischen Aktivitäten arbeitete er als Theaterregisseur.

Nach dem Militärputsch unter Augusto Pinochet gegen die sozialistische Regierung von Präsident Allende am 11. September 1973 wurde Jara im Hof der Technischen Universität gemeinsam mit Studenten von der Armee gefangen genommen und zusammen mit anderen gefangenen Oppositionellen in das Nationalstadion in Santiago de Chile gebracht. Am 16. September wurde er in einen der Umkleideräume geführt, gefoltert und schließlich getötet. Eine Autopsie im Jahre 2009 brachte hervor, dass sein Körper neben Knochenbrüchen 44 Einschüsse aufwies.

Richter Vázquez Plaza wirft den angeklagten Ex-Militärs auch die Entführung und Tötung von Littre Quiroga Carvajal vor, der ebenfalls Mitglied der Kommunistischen Partei war. Er wurde gleichzeitig mit Jara in das Nationalstadion verschleppt, dort gefoltert und getötet. Jaras und Quiroga Carvajals Körper wurden zusammen mit vier weiteren Leichnamen kurz darauf auf den Metropolitano Friedhof gefunden.

Der Beginn des Gerichtsverfahrens wird für Ende des Jahres erwartet. Victor Jaras Ehefrau, Joan Turner Jara, nannte die Anklage eine Hoffnungsbotschaft. ”Wenn Victors Fall als ein Beispiel dienen kann, dann fordern wir weiter Gerechtigkeit für Victor mit der Hoffnung, dass dann Gerechtigkeit für alle anderen folgt." Laut der chilenischen Wahrheitskommission sind 3.095 Menschen während der Pinochet-Diktatur umgekommen, davon gelten etwa 1.000 als "verschwunden".

"Das sind wichtige Fortschritte”, sagte Alicia Lira, Präsidentin von Afep, einer Hilfsorganisation für Verwandte der Opfer der Diktatur. "Sie sind nicht nur heilsam für das psychologische und moralische Wohl der Angehörigen, sondern auch für die Gesellschaft. Wir wollen eine Gesellschaft, die auf Wahrheit und Gerechtigkeit aufgebaut ist".