Aufnahme von Flüchtlingen in Lateinamerika sorgt für Schlagzeilen

Venezuelas Präsident kündigt Aufnahme von 20.000 Syrern an. Programme auch in anderen Staaten. Hohes Engagement im Vergleich zu Ibero-Staaten

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Will tausende Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro
Will tausende Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro

Caracas/Brasília. Die Bereitschaft lateinamerikanischer Staaten, Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufzunehmen, hat inzwischen weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Dazu trug am Dienstag vor allem die Ankündigung von Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro bei, 20.000 Menschen aus der arabischen Nation Zuflucht zu gewähren. Aber auch Argentinien, Brasilien und Uruguay haben Visaprogramme aufgelegt, Chile prüft einen entsprechenden Schritt, wie amerika21 bereits am Montag berichtet hatte.

"Wie viele Araber müssen noch sterben, bis sich das humanistische und friedvolle Gewissen der Menschen durchsetzt?", sagte Maduro bei einer Kabinettssitzung, die im Fernsehen übertragen wurde. "Ich möchte, dass 20.000 Syrer in unser venezolanisches Vaterland kommen, um gemeinsam mit uns in diesem Land des Friedens zu leben, diesem Land von Christus und (Simón) Bolívar, um zur Entwicklung beizutragen." Er empfinde Schmerz angesichts des Konflikts, den "ein Volk, das wir lieben", erleide, so Maduro weiter. Den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad bezeichnete er als "einzigen politischen Anführer mit Autorität in Syrien".

Selbst europäische Medien wie die britische BBC verweisen inzwischen darauf, dass lateinamerikanische Staaten mehr Solidarität mit dem kriegsgebeutelten Syrien üben als die iberischen Länder Spanien oder Portugal. Nach Angaben der EU-Statistikbehörde habe Spanien erst 1.335 syrische Vertriebene aufgenommen, Portugal gar erst 15. "Im Kontrast dazu hat Brasilien, 10.000 Kilometer von Syrien entfernt, 2.077 syrische Flüchtlinge aufgenommen", schreibt der spanische Dienst der BBC unter Berufung auf Daten der Einwanderungsbehörde Conare, die dem Justizministerium des südamerikanischen Landes angegliedert ist.

Argentinien, wo eine große syrische Gemeinde besteht, hat 223 Vertriebene aus dem arabischen Bürgerkriegsland aufgenommen. Uruguay hat nach Informationen des Außenministeriums in Montevideo 177 Syrern Zuflucht gewährt.

In der politischen Debatte in Lateinamerika ist die arabisch-europäische Flüchtlingskrise sehr präsent. In einem Kommentar für den lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur betonte der argentinische Politologe Atilio Borón die Dimension der "größten Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges". Borón bezeichnete die "Gleichgültigkeit bis hin zur Dummheit" einiger europäischer Regierungen als beschämend. "Etwa die Idee, Einwanderungsquoten festzulegen, die angesichts des Desasters in Syrien und Irak schlichtweg irrsinnig ist, zumal in diesen Staaten zusammen 55 Millionen Menschen leben", so Borón.

Der Argentinier führte angesichts des Versuchs, die Fluchtbewegung zu kontrollieren, ein Zitat des 2010 verstorbenen portugiesischen Schriftstellers José Saramago an: "Die Vertreibung aus dem Süden in den Norden ist unausweichlich, sie wird weder von Stacheldraht, noch Mauern oder Deportationen zu verhindern sein. Millionen werden kommen und Europa wird von den Hungernden eingenommen werden. Sie werden auf der Suche nach dem kommen, was wir ihnen gestohlen haben. Für sie gibt es keinen Weg zurück, denn sie werden von einem jahrhunderte währenden Hunger getrieben und folgen dem Duft des Essens. Der Hass ist aufgetischt und wir werden Politiker brauchen, die mit dieser Situation umzugehen wissen."