Zweiter Weltgipfel der Völker zum Klimawandel in Bolivien

Debatten um das "Buen Vivir" und die Verursachung des Klimawandels durch den Kapitalismus. Internationales Tribunal für Klimagerechtigkeit gefordert

voelkergipfel_2015.jpg

Teilnehmer am zweiten Völkergipfel zum Klimawandel
Teilnehmer am zweiten Völkergipfel zum Klimawandel

La Paz. Vom 10. bis 12. Oktober hat der zweite Gipfel der Völker zum Klimawandel in Tiquipaya bei Cochabamba in Bolivien stattgefunden. Rund 8.000 Vertreter von sozialen Organisationen und Regierungen aus insgesamt 50 Länder nahmen teil. Anwesend waren auch die Präsidenten Evo Morales (Bolivien), Rafael Correa (Ecuador), Nicolás Maduro (Venezuela) und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Der Gipfel mündete in einer gemeinsamen Abschlusserklärung mit Vorschlägen für konkrete Maßnahmen, um den Klimawandel zu bekämpfen, der in erster Linie die Länder des Globalen Südens gefährdet.

Die Schwerpunkte des alternativen Gipfels der Völker waren das lateinamerikanische Modell des "Buen Vivir", die Bedrohung des Lebens auf der Erde durch den Kapitalismus und der Klimawandel. So erklärte UN-Generalsekretär zur Dringlichkeit des Kampfes gegen den Klimawandel: "Es gibt keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt."

"Wir alle sind dafür verantwortlich, unseren Planeten zu erhalten, aber es gibt Leute, die in größerem Maß für dessen Verschmutzung verantwortlich sind", so der ecuadorianische Präsident Correa. Der Klimawandel resultiere unter anderem aus der globalen kapitalistischen Produktionsweise, daher trügen insbesondere die westlichen Industriestaaten eine große Verantwortung, der sie derzeit trotz aller noblen Versprechungen und Vereinbarungen der vergangenen 20 Jahre nicht gerecht würden. Die kapitalistische Logik sei dazu jedoch auch nicht in der Lage: "Der ungezügelte Kapitalismus wird die Umweltprobleme nicht lösen können, ebensowenig wie es der traditionelle Sozialismus konnte." Correa setzt stattdessen auf den Sozialismus des 21. Jahrhunderts mit der Vision einer neuen Form von Entwicklung, die ein gutes Leben bedeutet, in dem die Bedürfnisse aller Menschen in Einklang mit der Natur befriedigt werden können.

Die hohen CO2-Emissionen und die Verschmutzung der Umwelt seien vorrangig ein politisches Problem, so Correa weiter: "Es folgen keine Gefängnisstrafen, wenn ein transnationales Unternehmen unsere Umwelt verschmutzt." Daher fordern die Teilnehmer des Weltgipfels der Völker die USA als zweitgrößten Emittenten von Treibhausgasen auf, endlich als einer der letzten Staaten weltweit das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren.

Neben der Kritik an den Verursachern des Klimawandels stellen die Teilnehmer konkrete Handlungsansätze vor, die stark von Gerechtigkeit geprägt sind. Ein zentraler Punkt hierbei ist die Einrichtung eines Internationalen Tribunals für Klimagerechtigkeit, das es ermöglichen soll, die Einhaltung der Versprechen einzelner Länder bezüglich der Reduktion von Treibhausgasen und des Kampfes gegen den Klimawandel zu überwachen und Verstöße dagegen gegebenenfalls zu sanktionieren.

Darüber hinaus plädieren sie für einen politischen Umgang mit dem Klimawandel, der von Verantwortung geprägt ist. Universelle Güter wie Meere, Wasser und Atmosphäre sollen noch stärker geschützt werden, die 2010 von der UN-Vollversammlung beschlossene Anerkennung des Zugangs zu Wasser als Menschenrecht soll auch ihre praktische Umsetzung finden.

Weiter fordern die Teilnehmer die führenden Industrienationen dazu auf, die Gelder aus der Militärindustrie abzuziehen, um Aktionen der Menschen gegen den Klimawandel finanzieren zu können.

Sie fordern zudem ein Ende der Kommerzialisierung und Ausbeutung der Natur und deren Ressourcen. Stattdessen müssten die Rechte der "Madre Tierra" (Mutter Erde) in Einklang mit den Menschenrechten anerkannt und eingehalten werden sowie die globale Konstruktion eines zivilisatorischen Modells fernab von exzessivem Konsumverhalten, Kriegstreiberei, Merkantilismus und Kapitalismus vorangetrieben werden, um allen Menschen weltweit ein gutes Leben ermöglichen zu können.

Die während des Gipfels gesammelten Vorschläge wurden am Sonntag, dem 11. Oktober, an Ban übergeben und sollen im Dezember während des offiziellen UN-Klimagipfels COP21 in Paris vorgestellt werden: "All diese Vorschläge werden wir nach Paris mitnehmen und sie dort verteidigen", so Morales. Der Gipfel in Paris solle ein Gipfel der Völker sein, begründete Venezuelas Präsident Maduro das Vorgehen, und ihre Stimme müsse in die dort getroffenen Entscheidungen mit einfließen.