Mehr Protest in Argentinien gegen Politik von Präsident Macri

Zunehmende Demonstrationen gegen Dekret-Politik des neuen Staatschefs. Regierung antwortet mit Verschärfung des Demonstrationsrechtes. 34 Dekrete binnen einer Woche

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Frontansicht des Demonstrationszuges in Buenos Aires am Dienstag
Seit Macris Amtsantritt gehene Tausende gegen die "Schock-Politik" der Regierung auf die Straße

Buenos Aires/Córdoba. In Argentinien haben Gewerkschaften, Studierende sowie linke und soziale Organisationen zu weiteren Protesten gegen die bereits umgesetzten und geplanten neoliberalen Vorhaben des neuen Präsidenten Mauricio Macri aufgerufen. Zu Demonstrationen in diesem Zusammenhang war es schon in der vergangenen Woche gekommen. In dieser Woche forderten tausende Demonstranten am Dienstag in Buenos Aires sowie am Montag in der Provinzhauptstadt Córdoba höhere Einkommen, Weihnachtsgehälter und sichere Arbeitsplätze. Die Protestteilnehmer verwiesen auf die sozialen Folgen der steigenden Inflation.

Zentrales Thema bleibt auch die geplante Abschaffung des 2013 in Kraft gesetzten Mediengesetzes. Gegen den Kursschwenk in der Medienpolitik waren am Mittwoch in Córdoba Tausende auf die Straßen gezogen. Angesichts der zunehmenden Proteste kündigte die Regierung Macri an, die Gesetzeslage für Protest und Demonstrationen zu verschärfen.

Das unter Ex-Präsidentin Christina Fernández de Kirchner verabschiedete Mediengesetz soll die Monopolstellung des privaten Medienkonzerns Grupo Clarín einschränken, regionalen Radio- und Fernsehsendern den Zugang zu Lizenzen vereinfachen und die Autonomie der einzelnen öffentlich-rechtlichen Anstalten stärken. Letztere sind nun per Dekret von Präsident Macri dem Telekommunikationsminister Oscar Aguad unterstellt worden. Aguad hatte bereits zuvor angekündigt, dass das Mediengesetz „nicht fortbestehen wird und dass sich die staatlichen Medien künftig frei auf dem Markt messen werden". Die erfolgreiche, kirchneristisch geprägte Politsatire 6,7,8 ist derweil am Mittwoch vorerst zum letzten Mal auf Sendung gegangen – zu Gast diesmal der ehemalige Wirtschafts- und Finanzminister Axel Kicillof. Die neue Führung des Senders Canal 7 hatte dem Programm für das kommende Jahr keinen Folgevertrag mehr angeboten.

Mit Aufhebung der Restriktionen für den Devisenhandel und den privaten Ankauf vom US-Dollar vergangene Woche, setzte auch die erwartete Inflationssteigerung ein. Die Regierung plant derweil eine Abwertung des argentinischen Pesos um fünfzig Prozent, um dessen Realwert dem US-Dollar anzugleichen. Bereits jetzt zeichnen sich Preissteigerungen vor allem für Dienstleistungen ab. Eine deutliche Verteuerung der Lebensunterhaltskosten wird aber erst für Januar erwartet – nach den Feiertagen –, wenn die staatlichen Subventionen für Strom und Gas sukzessive gestrichen werden.

Spontan solidarisierten sich die Demonstranten in Buenos Aires mit den Arbeitnehmern von Cresta Roja, dem zweitgrößten Geflügelzuchtbetrieb des Landes, der mittlerweile per Gerichtsbeschluss abgewickelt wird und auf einen neuen Inhaber wartet. Die Arbeiterschaft hatte seit längerem den Betrieb sowie kürzlich die angrenzende Autobahn zum internationalen Flughafen besetzt gehalten, um für ein Fortbestehen ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen. Die Polizei räumte daraufhin am Dienstag mit Wasserwerfern und Gummigeschossen die Straße. Ein Mann wurde schwer verletzt.

Gegenüber dem lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur übte die argentinischen Journalistin Stella Calloni indes harsche Kritik an Präsident Macri. Dieser gehe wie nach einem Staatsstreich vor, sagte Calloni, die vor allem die zahlreichen Präsidialdekrete des konservativen Politikers beanstandete. Macri hätte jederzeit die Möglichkeit, den Kongress einzuberufen, um seine neue Politik und einzelne Vorhaben zu diskutieren, sagte sie. Dennoch mache er von diesem Recht keinen Gebrauch. Besonders heftige Kritik übte Calloni an der Aussetzung des Mediengesetzes von 2013. Macri missachte, dass dieses Gesetz damals unter Mitwirkung von rund 230 sozialen Gruppen und Organisationen und gegen den Widerstand des Clarín-Medienkonzerns etabliert wurde.

Seit seiner Amtseinführung hat Mauricio Macri binnen einer Woche mehr als 34 Präsidialdekrete erlassen, mit denen zentrale Vorhaben der Vorgängerregierung umgekehrt wurden.