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Bundesregierung hält an Kooperation mit Polizei in Mexiko fest

Außenamt sieht Menschenrechtslage im lateinamerikanischen Land kritisch, will ein umstrittenes Polizeiabkommen aber nicht stoppen. Text des Vetrags unter Verschluss

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Polizisten vor Demonstranten in Mexiko. Bei solchen Einsätzen kommt es immer wieder zu Verletzungen der Menschenrechte
Polizisten vor Demonstranten in Mexiko. Bei solchen Einsätzen kommt es immer wieder zu Verletzungen der Menschenrechte

Berlin. Die Bundesregierung hält weiter an einem Sicherheitsabkommen mit Mexiko fest, das von Menschenrechtsorganisationen kritisch bewertet wird. Das geht aus den Antworten auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervor, die amerika21 vorliegt. Gut ein Jahr nach der mutmaßlichen Ermordung von 43 Lehramtsstudenten im Süden Mexikos, woran auch Bundespolizei und Militär beteiligt waren, verfolgt die deutsche Regierung damit eine widersprüchliche Politik. Auf der einen Seite bemängelt sie Menschenrechtsverletzungen und ausbleibende Fortschritte auf diesem Gebiet. Auf der anderen Seite hält sie an der polizeilichen Zusammenarbeit fest. Von 2012 bis 2015 wurden und werden polizeiliche Ausbildungsmaßnahmen mit gut 94.000 Euro finanziert, weitere drei umfangreiche Maßnahmen sind für 2016 geplant.

Zwar sei Mexikos Staatsführung gewillt, die Straflosigkeit zu bekämpfen, heißt es in dem Papier des Auswärtigen Amtes. "Die Bundesregierung ist sich allerdings auch im Klaren darüber, dass hier zwischen Anspruch und tatsächlicher Umsetzung noch ein weiter Weg liegt", schreibt das Auswärtige Amt auf die Anfrage der Vizevorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Heike Hänsel. Einen kritischen Bericht einer unabhängigen Expertengruppe (GIEI) der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) habe die Bundesregierung "mit großer Aufmerksamkeit" zur Kenntnis genommen. Sie begrüße die zugesicherte Umsetzung von zehn Empfehlungen der GIEI durch die mexikanische Regierung. Dies werde die Bundesregierung auch im Dialog zum Thema Menschenrechte mit der mexikanischen Seite ansprechen. Das Gremium hatte die Ermittlungen der mexikanischen Staatsanwaltschaft zum Teil scharf kritisiert.

Zu dem ausstehenden Sicherheitsabkommen mit Mexiko äußert sich die Bundesregierung zwar vorsichtig, hält an dem Vorhaben aber trotz der Kritik von Menschenrechtsorganisationen fest. Die Bundesregierung beabsichtige "grundsätzlich", die entsprechenden Verhandlungen mit Mexiko fortzuführen, aber: "Ein Unterzeichnungstermin für das Sicherheitsabkommen ist derzeit nicht vorgesehen." Der aktuelle Entwurf sehe vor, "dass die Zusammenarbeit der Vertragsparteien in allen Bereichen nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts erfolgt". Damit sei aus deutscher Sicht eine Kooperation bei drohenden Menschenrechtsverletzungen grundsätzlich ausgeschlossen. Eine unabhängige Kontrolle des Abkommens als völkerrechtlicher Vertrag im Sinne von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz finde durch den Bundestag statt, bestätigt das Außenamt, das eine Veröffentlichung des Textes des Abkommens vor Unterzeichnung jedoch weiterhin ablehnt. 

Die Bundesregierung gibt unter Berufung auf offizielle mexikanische Angaben an, dass vorsätzliche Tötungsdelikte in Mexiko nach einem starken Anstieg in den Jahren 2007 bis 2011 wieder rückläufig seien. Sie bemerkt einschränkend, "dass diese Statistiken jedoch nur die zur Anzeige gebrachten Delikte ausweisen". Nach den Feststellungen des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Zeid Raad Al Hussein, liege die Straflosigkeit in Mexiko derzeit weiterhin bei 98 Prozent. Zum Schutzmechanismus von 2012 für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten äußert sich die Bundesregierung nicht, erwähnt aber mehrere kritische Bilanzen.

Bilaterale Projekte und Geschäfte in Mexiko weisen eine unterschiedliche Dynamik auf. Die deutschen Rüstungsexporte nach Mexiko weisen seit Jahresbeginn bis zum 31. Oktober eine Gesamtsumme von 6,743 Millionen Euro auf. Gestoppt wurde hingegen die Unterstützung für ein Umweltprojekt des Entwicklungsministeriums (Haushaltsausschuss-Drucksache 18[8]2216), das im Süden des Landes umgesetzt werden sollte.

"Die Antworten der Bundesregierung zeigen, dass die Entwicklung in Mexiko auch im Auswärtigen Amt inzwischen kritisch gesehen wird", sagte die Vizevorsitzende der Linksfraktion, Heike Hänsel, auf Nachfrage von amerika21. "Dennoch muss nun auch die fälschlicherweise als Sicherheitsabkommen bezeichnete Unterstützung für die mexikanische Polizei gestoppt werden, denn die Polizei in Mexiko sorgt nicht für Sicherheit, sondern für Unsicherheit und Schrecken", so Hänsel weiter. Ohne glaubhaften Reformen, die bisher nicht zu sehen seien, müsse eine Zusammenarbeit mit den mexikanischen Behörden eingestellt werden.