Venezuela / Politik

Oberstes Gericht in Venezuela kippt Zweidrittelmehrheit der Opposition

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Sitz des Obersten Gerichtshofes von Venezuela
Sitz des Obersten Gerichtshofes von Venezuela

Caracas. Politischer Paukenschlag in Venezuela: Nur wenige Tage vor der Übernahme eines neuen, oppositionell dominierten Parlaments hat die Wahlkammer des Obersten Gerichtshofs die Vereidigung aller  Abgeordneten aus dem Staat Amazonas blockiert, darunter auch drei Vertretern der Opposition. Damit ist die Zweidrittelmehrheit, die das regierungskritische Bündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) am 6. Dezember erreicht hat, in Gefahr. Die Beschwerde wurde von einer Abgeordneten der regierenden sozialistischen Partei PSUV wegen des mutmaßlichen Kaufs von Stimmen eingereicht. Ähnliche Beschwerden für die Staaten Yaracuy und Aragua lehnten die Richter jedoch ab. Die Fraktion der regierenden Vereinigte Sozialistische Partei (PSUV) und der mit ihr verbündeten Parteien schrumpft von 55 auf 54 Sitze.

Vertreter der PSUV hatten zuvor juristischen Einspruch gegen die Mandate von acht Abgeordneten der Opposition eingelegt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte, dass Anfechtungen gegen Parlamentarier aus sechs Wahlkreisen eingegangen sind, wie unter anderem die staatliche Nachrichtenagentur AVN am Dienstag meldete. Sollten die Richter dem Einspruch in letzter Instanz stattgeben, könnte das Parteienbündnis MUD die Zweidrittelmehrheit im Parlament dauerhaft verlieren.

Die MUD-Allianz hatte bei den Parlamentswahlen am 6. Dezember überraschend 112 der 167 Abgeordneten gewonnen. Mit dieser Mehrheit können die Regierungsgegner weitgehend in das Gesetzgebungsverfahren und die institutionelle Ordnung des Landes eingreifen. Der MUD stellt außerdem den Parlamentspräsidenten. Die neue Nationalversammlung wird am kommenden Dienstag die Arbeit aufnehmen. Die Mitgliedsparteien des MUD wollen am Sonntag den Parlamentspräsidenten in geheimer Wahl bestimmen.

In einer ersten Reaktion auf den Einspruch hat der MUD beim Obersten Gerichtshof die Abberufung der fünf Richter der Wahlkammer beantragt. Sie seien eng mit dem regierenden Chavismus verbunden und daher befangen, sagte der Abgeordnete einer der angefochteten Wahlkreise, Simón Calzadilla. Der Oppositionspolitiker fügte hinzu, das die regierende PSUV jedes Recht habe, die Wahlergebnisse juristisch prüfen zu lassen. "Was nicht geht, ist, dass sie versuchen, Abgeordnete abzuberufen, ohne dass ein vorheriges Verfahren mit klaren Regeln stattgefunden hat", so Calzadilla, der zugleich Präsident der Mitte-links-Partei MPV ist.

Nach der Bekanntgabe der Suspendierung von drei Abgeordneten aus ihren Reihen, kündigte die Führung des MUD Protest wegen eines "juristischen Staatsstreichs" vor der UNO und der US-dominierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) an. Zugleich drohte das Bündnis, dass der bisher von der Opposition beschrittene friedliche Weg der Wahlen verlassen werden könnte.