Schwere Vorwürfe gegen neue Außenministerin von Argentinien

Malcorra soll als Kabinettschefin von Ban Ki-moon zahlreiche Fälle sexuellen Missbrauchs durch UN-Blauhelme systematisch vertuscht haben

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Außenministerin Malcorra und Präsident Macri bei einer Pressekonferenz kurz nach ihrem Amtsantritt
Außenministerin Malcorra und Präsident Macri bei einer Pressekonferenz kurz nach ihrem Amtsantritt

Genf/Buenos Aires. Die vom neuen Präsidenten Argentiniens, Mauricio Macri, zur Chefdiplomatin ernannte Susana Malcorra soll den mehrfachen sexuellen Missbrauch verdeckt haben, den UN-Soldaten bei einem "humanitären Einsatz" in der Zentralafrikanischen Republik begangen haben. Dies berichten unter anderem die US-amerikanische außenpolitische Fachzeitschrift Foreign Policy und die Internetplattform Miradas al Sur.

Malcorra war seit dem Jahr 2004 bei den Vereinten Nationen für die Koordinierung der logistischen und administrativen Unterstützung der weltweit rund 30 UN-Friedensmissionen mit über 120.000 Militärs, Polizisten und Zivilangestellten zuständig. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannte sie 2012 zu seiner Kabinettschefin. In dieser Funktion habe sie alles getan, um die Vergehen der Soldaten systematisch zu verheimlichen.

Den Vorwurf erhob unlängst ein von Ban Ki-moon eingesetztes unabhängiges Expertenteam, das die Suspendierung des Büroleiters für Feldoperationen des Hochkommisariats für Menschenrechte, Anders Kompass, untersuchte. Der schwedische UN-Mitarbeiter wurde suspendiert und ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, weil er die Generalstaatsanwaltschaft Frankreichs über die von französischen Soldaten begangenen Missbrauchsfälle informiert hatte.

Kompass sei es ausschließlich darum gegangen, den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen zu stoppen. Mehrere hochrangige UN-Funktionäre, darunter Argentiniens neue Außenministerin, hätten sich mehr Mühe gegeben, ihn zum Schweigen zu bringen, als die gefährdeten Kinder zu schützen oder die Verantwortlichen zu bestrafen. Kompass als Büroleiter abzusetzen sei "von Anfang an illegal" gewesen, so das Expertenteam.

Der Vorfall war bekannt beworden, als die britische Tageszeitung Guardian Ende April 2015 über einen als vertraulich klassifizierten UN-internen Bericht und die Suspendierung Kompass' informierte. Untersuchungen der UN im Sommer 2014 hatten ergeben, dass 13 Kinder zwischen acht und 15 Jahren von Dezember 2013 bis Juni 2014 in einem Flüchtlingslager nahe des Flughafens der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui missbraucht wurden. Beteiligt waren 16 Soldaten, davon elf aus Frankreich, drei aus Tschad und zwei aus Äquatorialguinea, sieben weitere handelten als Komplizen. Die Kinder hatten sich Mitarbeitern des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF anvertraut. Die UN-Behörden leiteten daraufhin Untersuchungen ein, unternahmen jedoch weiter nichts. Dieser Bericht war im Juli 2014 auch zu Kompass gelangt, der ihn direkt an die französische Staatsanwaltschaft weiterleitete, deren Ermittlungen ebenfalls folgenlos blieben.

Wie die Internetplattform Miradas al Sur informierte, hatte die damalige UN-Kabinettschefin Susana Malcorra im März eine Sitzung hochrangiger UN-Funktionäre einberufen, um die Aufmerksamkeit von den Missbrauchsfällen weg- und stattdessen auf Kompass "wegen der Weitergabe geheimer UN-Dokumente" zu lenken. Ergebnis der Sitzung war, ihn zum Rücktritt aufzufordern. Als er sich weigerte, wurde er von Sicherheitspersonal aus seinem Büro eskortiert. Gegenüber Medien erklärte Malcorra, gegen den schwedischen Funktionär laufe ein Verfahren wegen "schlechten Verhaltens".

Ban Ki-Moon äußerte indes am 20. Dezember sein "tiefes Bedauern" darüber, dass den Missbrauchsvorwürfen gegen Blauhelme in der Zentralafrikanischen Republik nicht gründlich genug nachgegangen worden sei. In einem von ihm angeforderten Bericht heißt es, die entsprechenden Informationen seien "in mehreren UN-Büros von Schreibtisch zu Schreibtisch und von Mailbox zu Mailbox gegangen. Niemand wollte die Verantwortung übernehmen, auf die gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu reagieren".

Diese Verbrechen von UN-Blauhelmen in der Zentralafrikanischen Republik sind keine Einzelfälle. Ein im Juni 2015 veröffentlichter Untersuchungsbericht der internen Ermittlungsbehörde der Vereinten Nationen (OIOS) berichtet von 480 Vorwürfen sexuellen Missbrauchs oder sexueller Ausbeutung gegen UN-Personal bei "humanitären Einsätzen" im Ausland zwischen 2008 und 2013, vor allem in der Demokratischen Republik Kongo, Liberia und Haiti.