Guatemala / Politik

Empörung in Guatemala über Kongressgehälter

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Parlamentspräsident Taracena gab am Freitag bekannt, dass alle Verträge und Gehälter eingefroren sind
Parlamentspräsident Taracena gab am Freitag bekannt, dass alle Verträge und Gehälter eingefroren sind

Guatemala-Stadt. Der neu gewählte Präsident des Parlaments in Guatemala, Mario Taracena Díaz-Sol, hat eine erste Liste von Kongressgehältern veröffentlicht. Die Daten haben eine Welle der Empörung und Wut in der Bevölkerung ausgelöst, die sich unter anderem in den sozialen Netzwerken entlud. So schrieb Yaneth León auf der Facebook-Seite der Tageszeitung Prensa Libre: "Während Ärzte und Krankenschwestern für einen Hungerlohn versuchen, Tag und Nacht Menschenleben zu retten, beziehen andere ohne jegliche Verantwortung erfreuliche Gehälter." Andere Nutzer drückten ihren Unmut über "diese Form der Verteilung der Ressourcen des Volkes" aus und wiesen auf Armut und Unterernährung im Land hin.

Aus dem Dokument geht hervor, dass Angestellte wie Verwaltungsassistenten, Sekretäre, Techniker und Hausmeister zwischen 30.000 Quetzales (rund 3.632 Euro) und 40.000 Quetzales (rund 4.843 Euro) pro Monat verdienen. Bei Beratern und Buchhaltern liegt das monatliche Gehalt bei 50.000 Quetzales (rund 6.000 Euro) bzw. 70.000 Quetzales (rund 8.476 Euro).

Soziale und politische Organisationen sowie Medien hatten seit längerem vom Kongress gefordert, jene streng geheimgehaltenen Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und mehr Transparenz zu schaffen. Eine der ersten Maßnahmen, die Mario Taracena bei seinem Amtsantritt ergriff, war es, die Stellen aufzudecken, die Abgeordnete als Gegenleistung für politische Unterstützung in ihren Wahlkampagnen angeboten hatten. Viele dieser Posten existieren in Wirklichkeit jedoch nicht. Der Politologe Cristhians Castillo vom Institut für Analyse und Forschung Nationaler Probleme bekräftigt, dass es sich nicht nur um die Gehälter, sondern vor allem um die korrupte Klientelpolitik innerhalb des Kongresses handelt.

Allein im Jahr 2015 stellte der Kongress über 500 Millionen Quetzales (rund 60 Millionen Euro) zur Finanzierung der Mitarbeitergehälter bereit. Davon ausgenommen waren die Abgeordnetendiäten, die einen enormen Teil des Haushaltsbudgets ausmachen. Der Kongress – wie auch alle anderen vom Staat abhängigen Gliederungen – habe sich in einen Beschäftigungsapparat verwandelt, welcher Gehälter in schwindelerregender Höhe vergibt und fiktive Stellen anbietet, so das guatemaltekische Nachrichtenportal Soy 502.

Bei den Abgeordneten besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine Reform des Grundlagengesetzes des Kongresses sowie Neuverhandlungen mit den Gewerkschaften ein wichtiger Schritt sind, um die enorme Anzahl der Beschäftigten (über 1.800) zu reduzieren und deren exorbitante Gehälter zu begrenzen. Bisher hat der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen ihnen eine jährliche Gehaltserhöhung um zehn Prozent gewährt, was Nineth Montenegro, Menschenrechtsaktivistin und Abgeordnete der linken Fortschrittspartei Encuentro por Guatemala, für unhaltbar hält. Am 22. Januar erklärte das Präsidium des Parlaments schließlich, dass bis zur Neuregelung alle Verträge und Gehälter eingefroren sind.

In Guatemala kommt es seit dem vergangenen Jahr zu anhaltenden Massenprotesten gegen das politische System. Soziale Konflikte, Armut, Gewalt und Korruption prägen das Land. Notwendige Reformen, wie die der staatlichen Institutionen und der Wahlgesetze, wurden seit den Friedensverträgen von 1996 verschleppt.