Peru / Menschenrechte

Soziale Organisationen drängen auf juristische Aufarbeitung von Zwangssterilisation in Peru

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Aushang des Ministeriums für Justiz und Menschenrechte zur Registrierung der Opfer von Zwangssterilisationen
Aushang des Ministeriums für Justiz und Menschenrechte zur Registrierung der Opfer von Zwangssterilisationen

Lima. Die Landeskoordination für Menschenrechte, die Frauenorganisation Demus und andere soziale Organisationen in Peru fordern die unverzügliche juristische Aufarbeitung der Zwangssterilisationen, die unter der Regierung von Ex-Präsident Alberto Fujimori (1990-2000) durchgeführt wurden. Sie lehnen den Beschluss der zuständigen Staatsanwältin Marcelita Gutiérrez ab, die Untersuchung des Falles um weitere 150 Tage zu verlängern. Die Staatsanwaltschaft habe neun Monate Zeit gehabt, den Fall zu untersuchen, führt die Anwältin der Opfer, Milton Campos, an. Für die sozialen Organisationen liegen genügend Hinweise vor, um Anklage gegen Fujimori und seine damaligen Gesundheitsminister Alejandro Aguinaga, Eduardo Yong Motta und Marino Costa Bauer zu erstatten. Laut der Direktorin von Demus, Jessenia Casani, seien die Dokumente, die die Existenz von Quoten und Vorgaben sowie von Verstößen gegen das Recht der informierten Einwilligung belegen, öffentlich bekannt.

Unter Fujimori war in den 1990er Jahren ein "Nationales Programm zur Familienplanung" durchgeführt worden, um die demografische Entwicklung in den armen Bevölkerungsschichten politisch zu kontrollieren. Im Zuge dessen wurden zwischen 1996 und 2000 rund 300.000 Frauen und 22.000 Männer zwangssterilisiert, vor allem Indigene und arme Bäuerinnen und Bauern. In den seltenen Fällen, in denen die Betroffenen zuvor über den Eingriff informiert wurden, wurde ihnen bei ablehnender Haltung mit Strafzahlungen, Gefängnis oder dem Entzug staatlicher Leistungen gedroht. Eine gesundheitliche Nachsorge wurde nicht gewährleistet, sodass 18 Frauen direkt nach den Operationen an Komplikationen starben und tausende Opfer bis heute an den Folgen leiden.

Das 1995 legalisierte Verfahren zur Zwangssterilisation wurde erstmals im Jahr 2002 von dem damaligen Präsidenten Alejandro Toledo (2001-2006) untersucht, aber nichts geschah. 2011 wurde der Fall neu aufgerollt und 2014 trotz tausender Zeugenaussagen mit der Begründung wieder geschlossen, dass die Zwangssterilisation kein Verbrechen gegen die Menschheit seien. Dieser Ansicht widersprach die damalige Anwältin der Opfer, Rosy Salazar: die internationale Staatengemeinschaft habe bereits Anfang der 1990er Jahre Zwangssterilisationen als Verbrechen eingestuft.

Lediglich in einem von 2.073 Fällen ging die Staatsanwaltschaft Perus bislang strafrechtlich vor, allerdings nur gegen medizinisches Personal. Im Dezember vergangenen Jahres startete das Ministerium für Justiz und Menschenrechte das Verfahren zur Registrierung der Opfer von Zwangssterilisationen. Die Frauen und ihre Familien haben jedoch bis heute keinerlei Entschädigungen vom Staat erhalten. Viele von ihnen bleiben gesellschaftlich marginalisiert.

Alberto Fujimori (76) wird bis 2032 seine Freiheitsstrafe von 25 Jahren wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption absitzen, jedoch nicht wegen der Zwangssterilisationen.