Bolivien / Politik

Wiederwahl-Referendum in Bolivien

Verfassungsänderung soll erneute Kandidatur von Präsident Morales ermöglichen. Linksregierung zuversichtlich. Laut Umfragen ist der Ausgang völlig offen

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Pro-Morales-Demonstration für das "Sí" in Cochabamba
Pro-Morales-Demonstration für das "Sí" in Cochabamba, eine Woche vor dem Referendum

La Paz. Am heutigen Sonntag findet in Bolivien ein Verfassungsreferendum statt, bei dem die Bürger des südamerikanischen Landes darüber entscheiden, ob die mögliche Amtszeit von Präsident und Vizepräsident von zwei auf drei Wahlperioden verlängert werden soll. Bei einem Erfolg der Befürworter der Verfassungsänderung könnten der seit 2006 amtierende linksgerichtete Präsident Evo Morales und sein Vize Álvaro García Linera bei den Präsidentschaftswahlen 2019 erneut antreten.

Das Straßenbild in weiten Teilen Boliviens ist geprägt von Wahlwerbung für das "Sí" und das "No". In den letzten zwei Wochen zogen zudem fast täglich Gruppen beider Lager durch die Straßen der großen Städte, um die große Anzahl Unentschiedener für sich zu gewinnen. Die letzten repräsentativen Umfragen der Meinungsforschungsinstitute Mori und Ipsos ergaben ein Patt mit je 40 Prozent und noch knapp 20 Prozent Unentschlossenen. Im Oktober hatte das "Sí" noch eine deutliche Mehrheit.

Präsident Morales reiste zuletzt tagelang durch das Land und hielt große Kundgebungen ab, zum offiziellen Kampagnenabschluss am vergangenen Mittwoch trat er sogar am selben Tag in den Metropolen Santa Cruz de la Sierra und La Paz auf. Überschattet wurde der letzte Tag der Wahlkampagne von einem Brandanschlag auf das Rathaus der Millionenstadt El Alto nahe La Paz, bei dem sechs Menschen starben (Amerika21 berichtete).

Die Linksregierung gibt sich zuversichtlich, durch ihr energisches Werben und die an sich breite Anerkennung für die erfolgreiche Politik von Morales in den vergangenen Jahren die Abstimmung für sich zu entscheiden. Mit dem Apparat der Regierungspartei MAS hat sie außerdem eine einheitliche Kampagne in ganz Bolivien realisieren können, während die Gegner der Verfassungsänderung es nicht schafften, ein landesweites Bündnis zu schmieden.

Das Problem der Linken aber ist die Skepsis bei großen Teilen der städtischen Bevölkerung, dass sich durch die Möglichkeit einer noch längeren Amtszeit von Morales Korruption und Vetternwirtschaft wesentlich verschlimmern könnten. Darauf setzen Opposition und private Medien: Sie versuchten in den vergangenen Wochen zunehmend, Morales und García Linera zu diskreditieren. So musste Morales eingestehen, dass er 2007 ein uneheliches, aber früh verstorbenes Kind mit seiner damaligen Freundin Gabriela Zapata Montaño hatte. Diese wurde zudem Jahre später Managerin bei der chinesischen Firma CAMC, die lukrative Staatsaufträge erhielt. Morales bestritt vehement einen Zusammenhang. Trotzdem wurde ihm erfolgreich Vorteilnahme vorgeworfen, zumindest in den sozialen Netzwerken wie Facebook verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer und reduzierte die Glaubwürdigkeit des Präsidenten in den städtischen Mittelschichten laut einer Umfrage im Auftrag der regierungskritischen Zeitung Página Siete enorm. Die sofortige Ankündigung von Untersuchungen scheint Morales hier wenig zu nützen.

Ein weiterer Nachteil für die MAS-Regierung ist der Rückgang des Wirtschaftswachstums in den letzten Monaten, der auch die ambitionierten Sozialprojekte der Regierung ausbremst. Dadurch ist der Wahlspruch "Mit dem Ja für Kontinuität, Entwicklung und Stabilität – für Deine Zukunft" weniger wirkungsmächtig. Dass Morales die versprochene Stabilität nur bedingt garantieren kann, demonstrierten Anfang Februar die Transportarbeiter: mit in diesem Ausmaß lange nicht da gewesenen tagelangen Straßenblockaden, die das ganze Land ausgerechnet vor der Karnevalszeit mit normalerweise starkem Reiseverkehr für eine Woche lahmlegten.

Ein Erfolg der bolivianischen Linken beim Referendum heute scheint also alles andere als sicher. Am Ende wird es wohl davon abhängen, ob es ihnen gelingt, die breite Masse der Landbevölkerung zu mobilisieren und in den Städten nicht hoch zu verlieren.