Argentinien begeht 40. Jahrestag des Militärputsches

Menschenrechtsgruppen, politische Organisationen und soziale Bewegungen gehen auf die Straße. Kritik auch an Macri-Regierung und Obama-Besuch

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"30.000 Gründe, weiter für den Sozialismus zu kämpfen" – Transparent der linksgerichteten Frente Santillan
"30.000 Gründe, weiter für den Sozialismus zu kämpfen" – Transparent der linksgerichteten Frente Santillan

Buenos Aires. Zum 40. Jahrestag des Militärputsches haben am Freitag hunderttausende Menschen in zahlreichen Städten in Argentinien an die Opfer der letzten Diktatur (1976-1983) erinnert. In Buenos Aires zogen Menschenrechtsgruppen, Anhänger der ehemaligen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner und soziale Bewegungen von der Avenida 9 de Julio im Zentrum zur Plaza de Mayo, wo sich der Präsidentenpalast Casa Rosada befindet.

In einem gemeinsamen Dokument bekräftigten zahlreiche Menschenrechtsgruppen, weiterhin "Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit" zu verteidigen. Der Text, den unter anderem eine der Organisationen der Mütter de la Plaza de Mayo (Línea Fundadora), die Großmütter der Plaza de Mayo und H.I.J.O.S, die Organisation der Kinder der gewaltsam Verschwundenen, verfasst haben, kritisiert auch die neue Regierung unter Mauricio Macri. Diese stehe für "Exklusion" und " Rechte für Wenige". Zwar habe Macri beteuert, dass die Gerichtsverfahren gegen die Täter fortgeführt würden. Zur gleichen Zeit entlasse die Regierung aber Menschen aus dem Staatsdienst, die bisher die Erinnerungspolitik umsetzten. 

Trotz der allgemeinen Ablehnung der Macri-Regierung gelang es auch dieses Jahr nicht, eine zentrale Demonstration zu organisieren. In einem zweiten Zug setzten sich vom Kongress aus linke Parteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen in Bewegung, die unter den Kirchner-Regierungen (2003 bis 2015) ihre Unabhängigkeit bewahrt haben.

Auf beiden Demonstrationen dominierten Bilder von Opfern der Diktatur, die während der Haft verschwunden waren, und Slogans zur Aufarbeitung der Diktatur-Verbrechen. Unübersehbar waren aber auch Plakate gegen die Macri-Regierung und den zeitgleichen Argentinien-Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama.

Am Donnerstagmorgen hatte Obama gemeinsam mit seinem argentinischen Amtskollegen an dem Erinnerungsort Parque de la Memoria der Opfer der Diktatur gedacht und die bereits zuvor zugesagte Veröffentlichung weiterer Militär- und Geheimdienstdokumente über die Diktatur verkündet. Nach dem Willen der argentinischen Regierung sollte der US-Präsident ursprünglich die ehemalige Mechanikerschule der Marine (ESMA) besuchen, auf deren Gelände nach dem Putsch eines der wichtigsten geheimen Haftzentren Argentiniens bestand. Doch die heute dort ansässigen Menschenrechtsorganisationen wehrten sich erfolgreich dagegen. Auch dem Akt im Parque de la Memoria blieben sie trotz Einladung fern. Dass der US-Präsident das Land ausgerechnet zu diesem Datum besucht, stellt für sie eine Provokation dar. Die USA hatten die argentinische Militärdiktatur, während der schätzungsweise 30.000 Personen "verschwanden", in der Anfangszeit offen unterstützt.

Die USA hätten "lange gebraucht", um die Menschenrechtsverletzungen in Argentinien zu kritisieren, räumte auch Obama in Anspielung auf den Amtsantritt Jimmy Carters 1977 ein, der eine Kehrtwende in der Haltung gegenüber den lateinamerikanischen Militärdiktaturen bedeutete. Am Vortag hatte der US-Präsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Macri erklärt, "dass die Anerkennung der Menschenrechte in den 70er Jahren ebenso wichtig war, wie der Kampf gegen den Kommunismus." Es mangele aber keineswegs an Selbstkritik, so der US-Präsident. Eine Entschuldigung, die viele Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten gefordert hatten, vermied er jedoch.

Neben der historisch symbolischen Bedeutung des Besuches, geht es Obama vor allem darum, der rechten argentinischen Regierung politisch und wirtschaftlich den Rücken zu stärken. Der Präsident wurde von zahlreichen Vertretern aus Politik und Wirtschaft begleitet, darunter allein rund 400 Vertreter großer US-Konzerne. "Wir sind von der Arbeit der ersten 100 Tage beeindruckt" betonte er. Seit seinem Amtsantritt im Dezember hat Macri zahlreiche neoliberale und repressive Maßnahmen umgesetzt, die meisten davon per Dekret.