Experten: In Kolumbien droht nach Entwaffnung der Farc mehr Gewalt

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Transparent: "Frieden ohne Staatsverbrechen"
Transparent: "Frieden ohne Staatsverbrechen"

Bogotá. In den 281 Landkreisen in Kolumbien, in denen die Farc-Guerilla derzeit präsent ist, droht nach Ansicht von Regionalexperten nach der geplanten Entwaffnung der Rebellen mehr Gewalt. Diese könnte von neuen paramilitärischen Banden ausgehen. Entsprechende Warnungen kamen von der Stiftung Frieden und Versöhnung (Pares). Am größten sei die Gefahr jedoch in 88 Landkreisen von 15 Departamentos, so die jüngste Studie von Pares, die unlängst in Havanna im Rahmen der Friedensverhandlungen vorgestellt wurde.

Der Bericht von Pares umreißt die Macht des Paramilitarismus innerhalb des Staats und erinnert daran, dass 61 Parlamentarier wegen Verbindungen zu Paramilitärs verurteilt und weitere 67 aus demselben Grund verdächtigt worden sind. In der Phase nach dem Konflikt solle es nicht nur um die Versöhnung zwischen Guerillas und Staat gehen, sondern auch zwischen "den politischen Eliten und der demokratischen Rechtsstaatlichkei", sagte einer der Autoren der Studie, León Valencia.

Im letzten halben Jahr haben Basisorganisationen über eine rasche Zunahme paramilitärischer Präsenz landesweit und eine systematische Untätigkeit des Militärs berichtet. Allein im vergangenen Monat sind laut der Opferorganisation Movice 28 Menschen durch Paramilitärs ermordet worden. Dabei handelt es sich um 15 Opfer sogenannter "sozialer Säuberungen" und 13 Aktivisten sozialer Bewegungen.

Die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos hat die kritische Situation indes anerkannt und Maßnahmen angekündigt. Allerdings hat sie auf den Vorschlag von Movice, eine "Hohe Kommission zur Gewährleistung der Nichtwiederholung" zu bilden, bislang nicht reagiert. Diese Kommission soll auch im Hinblick auf die Zeit nach der Entwaffnung der Farc dafür arbeiten, dass sich die Verbrechen gegen Oppositionelle nicht wiederholen. Dazu würde auch der uneingeschränkte Zugang zu den geheimdienstlichen Archiven der Sicherheitskräfte über Anführer der sozialen Bewegungen gehören, so der Aktivist der Basisorganisation Marcha Patriótica David Flórez.

Die jüngsten Morde an Aktivisten riefen international Aufmerksamkeit hervor. So will das UN-Kommissariat für Menschenrechte acht der Mordfälle untersuchen. Auch die Europäische Union und die Schweiz haben sich besorgt über die gewaltsamen Todesfälle geäußert. Die "EU-Delegation für Kolumbien" in Bogotá forderte die kolumbianischen Behörden außerdem auf, alle Morde aufzuklären und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen.