Verhaftungswelle gegen Mapuche in Chile

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Unter den Festgenommenen: die Machi Francisca Linconao
Unter den Festgenommenen: die Machi Francisca Linconao

Temuco. Elf Angehörige der Mapuche-Volksgruppe sind durch ein Großaufgebot der Polizei in der Nähe von Vilcún in der südchilenischen Region La Araucanía festgenommen worden. Unter ihnen ist auch die spirituelle Autorität (Machi) Francisca Linconao. Sie werden beschuldigt, für den Tod von Bernard Luchsinger und Vivianne McKay verantwortlich zu sein. Ein von Unbekannten gelegtes Feuer hatte das Haus der Großgrundbesitzerfamilie am 4. Januar 2013 zerstört, die Eheleute kamen dabei ums Leben. Der einzige bislang Verurteilte in dem Fall ist Machi Celestino Córdova, der zu 18 Jahre Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

Einer der am vergangenen Mittwoch Festgenommenen, Jose Peralino Huinca, sagte nun vor dem Gericht in Temuco aus, dass er bereits im Oktober 2015 unter Drohungen der Ermittlungsbeamten die jetzt verhafteten Mapuche der Brandstiftung am Luchsinger-MacKay Haus beschuldigt habe. Ihm seien Fotos von ihnen vorgelegt worden. Die Polizisten hätten auch direkt auf Machi Francisca Linconao gezeigt und er habe daraufhin von einem Treffen in deren Haus berichtet, bei dem es um den Anschlag gegangen sei. "Aus Angst habe ich angefangen zu erzählen und ich blieb bei dieser Lüge. Ich zitterte und unterschrieb die Aussage." Er sei bedroht worden, zugleich hätten die Beamten ihm gesagt, an Geld würde es ihm nicht mangeln. Peralino beteuerte, "die Leute sind unschuldig",  er habe sich zu dieser Aussage gezwungen gesehen.

Linconao wies alle Anschuldigungen, mit dem Brandanschlag etwas zu tun zu haben, zurück. Sie wurde in der Vergangenheit bereits mehrmals festgenommen, konnte ihre Unschuld jedoch immer beweisen. Wegen der gewalttätigen, demütigenden Festnahmen und der Missachtung ihrer angesehenen Stellung in der Gemeinschaft verklagte sie daraufhin erfolgreich den chilenischen Staat. Die Entschädigung über 30 Millionen chilenische Pesos (rund 390.000 Euro) wurden bis heute nicht ausgezahlt. Der Pfarrer José Fernando Diaz, der bereits Jahrzehnte mit Mapuche-Gemeinden in Kontakt ist und die Machi persönlich kennt, gab zu Bedenken, dass sie nicht irgendeine Person sei, sondern die Gabe hätte, andere Menschen zu heilen und nicht dafür da wäre, um anderen Schaden zuzufügen. Er vergleicht die Situation mit einer "Hexenjagd" und wirft der chilenischen Regierung vor, blind zu sein.

Der Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und der indigenen Bevölkerung im Süden Chiles geht bis ins Jahr 1883 zurück, als die Mapuche von der chilenischen Armee besiegt und in Reservate gezwungen wurden. Chilenische und ausländische Siedler wurden gezielt angeworben, um die traditionellen Territorien der Indigenen zu bevölkern. Die Marginalisierung der Mapuche in den Reservaten verschlimmerte sich noch, als die Siedler sich Land der Reservate widerrechtlich aneigneten und legalisieren ließen.

Im Jahre 1906 erwarb die Familie Luchsinger 60 Hektar Land in Vilcún von einem deutschen Einwanderer und vergrößerte ihren Grundbesitz später auf bis zu 1.200 Hektar. Innerhalb der Familien Luchsinger und MacKay gab es im Jahr 2013 Landstreitigkeiten, die mit gewaltsamen Auseinandersetzungen endeten.

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