Quito. In Ecuador sind Gegner und Anhänger der Regierung wegen einer geplanten Steuerreform auf die Straße gegangen. Zuvor hatte der linksgerichtete Präsident Rafael Correa dem Parlament ein "Gesetz für die Ausgewogenheit der Staatsfinanzen" zur dringlichen Beratung vorgelegt.
In dem Gesetzesentwurf werden verschiedene Reformen bei der Steuergesetzgebung vorgeschlagen. Unter anderem werden ausländische Unternehmer für zehn Jahre von der Einkommenssteuer befreit, wenn sie Investitionen tätigen, die über fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts Ecuadors ausmachen. Gegenwärtig würde dies Investitionen von über fünf Milliarden US-Dollar betreffen. Damit sollen Anreize geschaffen werden, um neue ausländische Investitionen anzuziehen.
Um die Kapitalflucht einzudämmen, wird die Menge US-Dollar, die steuerfrei ausgeführt werden darf, von 10.000 auf 1.098 Dollar gesenkt. Dies entspricht dem Betrag von drei Mindestlöhnen. Auf höheren Beträgen wird bei der Ausfuhr eine Steuer von fünf Prozent fällig.
Gewisse Steuervergünstigungen werden in dem Entwurf aufgehoben. So soll der Artikel 74 des Gesetzes über die Innere Besteuerungsordnung abgeschafft werden, der etwa Menschen mit Behinderung eine zwölfprozentige Mehrwertsteuerreduktion beim Kauf von "orthopädischen oder nicht-orthopädischen Fortbewegungsmitteln" sowie medizinischen Apparaten gewährte. Andere Steuern würden erhöht, so etwa jene auf Süßgetränken, Alkohol und Tabakwaren. Allein diese Maßnahme soll im kommenden Jahr Zusatzeinnahmen von 844 Millionen US-Dollar bringen.
Die Reformvorschläge stoßen bei der Opposition auf Ablehnung. Der Bankier und ehemalige Präsidentschaftskandidat der Rechten, Guillermo Lasso, rief Präsident Correa via Twitter auf, "die Ecuadorianer nicht weiter zu provozieren". Die Lösung für die wirtschaftlichen Probleme Ecuadors liege in einem Regierungswechsel, nicht in einer Steuererhöhung, schrieb Lasso, der 2013 die Präsidentschaftswahlen mit knapp 23 Prozent der Stimmen gegen Correa mit über 57 Prozent verlor.
Gegner der Steuerreform gingen in der Hauptstadt Quito, in der Hafenstadt in Guayaquil und in weiteren Städten auf die Straße. Neben der Ablehnung der Reformen forderten Demonstrierende in Sprechchören auch die Absetzung von Correa. Eine gewisse Brisanz hat die Teilnahme pensionierter Mitglieder der Streitkräfte an der Demonstration in Quito, die Correa die verfassungsmäßige Legitimität absprachen.
Landesweit demonstrierten auch Unterstützerinnen und Unterstützer der Regierung. Bei der Großkundgebung vor dem Präsidentenpalast in Quito warnte Correa vor den Beweggründen der oppositionellen Proteste: "Sie protestieren nicht, weil wir Zigaretten mit einem Cent mehr besteuern wollen, es ist nicht nur eine Demonstration für Tabak und Rum, es ist eine Strategie, um uns nicht regieren zu lassen, uns bewegungsunfähig zu machen und uns zu zermürben", so Correa. Die "konservative Restauration" sei jedoch in der Minderheit, sagte der Präsident vor Tausenden Anhängern.
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