Proteste von Dozenten und Studierenden in Argentinien

Streiks und Demonstrationen im ganzen Land. Proteste gegen Etat-Kürzungen, für Verteidigung der kostenfreien Bildung an den öffentlichen Hochschulen

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Transparent auf einer der Großdemonstrationen: "Verteidigen wir die öffentliche Bildung"
Transparent auf einer der Großdemonstrationen: "Verteidigen wir die öffentliche Bildung"

Buenos Aires. In Argentinien wird ein scharfer Konflikt zwischen den staatlichen Universitäten und der neoliberalen Regierung von Präsident Mauricio Macri zunehmend in die Öffentlichkeit getragen. Wochenlange Proteste von Studierenden, Forschern und Dozenten fanden am vergangenen Donnerstag ihren vorläufigen Höhepunkt: Überall im Land gab es Großdemonstrationen, allein an dem Protestmarsch in Buenos Aires nahmen der Nachrichtenagentur Anred zufolge mindestens 60.000 Menschen teil. Auch in verschiedenen Provinzen gingen Tausende auf die Straße. Die Demonstranten forderten höhere Löhne, einen höheren Etat für die Unis, ein günstiges Studierendenticket und setzten sich für kostenfreie Bildung an den öffentlichen Hochschulen ein. Derart massive Bildungsproteste unter Beteiligung der Dozenten und mit Unterstützung verschiedener linker und sozialer Organisationen hatte es in Argentinien seit 2001 nicht gegeben.

Außer der starken Mobilisierung haben die Organisatoren der Proteste einen weiteren Erfolg erzielt: Diverse Gremien und Studierendenverbände von Universitäten im ganzen Land haben eine gemeinsame Strategie entwickelt und ihre Aktionen koordiniert. In den vergangenen Wochen folgte ein Streik dem anderen und vielerorts wurden als Protestform Seminarstunden auf die Straßen, in Bahnhöfe, U-Bahnen und an andere öffentliche Orte verlegt, um die Bevölkerung auf die zunehmend prekäre Situation der staatlichen Hochschulen aufmerksam zu machen.

Diese sehen sich mit drastisch knapperen Etats konfrontiert. Zwar haben die Universitäten im Vergleich zum Vorjahr knapp 30 Prozent mehr Geld zur Verfügung. Seit Macri im Dezember sein Amt angetreten hat, nimmt allerdings die Inflation weiter zu. Durch die zu erwartende akkumulierte Inflation von 40 Prozent im Jahr 2016 und die massiven Steigerungen der Strom-, Gas- und Wasserpreise durch die Abschaffung staatlicher Subventionen, wird aus dem Etat-Plus faktisch ein Etat-Minus. Die Regierung setzt den täglichen Universitätsbetrieb aufs Spiel, Dozenten und Verwaltungsangestellte fürchten um ihre Löhne.

Sollte die Regierung mit dieser Politik durchkommen, wäre das ein Novum in der Geschichte des Landes. Öffentlichen Universitäten wird traditionell eine große Bedeutung beigemessen. Bislang hat es keine Regierung vermocht, den relativ guten Standard der Hochschulbildung zu untergraben. In den 1990er-Jahren hatten Studierende und Dozenten ihre Anforderungen erfolgreich gegenüber den damaligen Regierungen Carlos Menems und später Fernando de la Rúas behauptet. Dessen Wirtschaftsminister Ricardo López Murphy, der damals ebenfalls Kürzungen der Bildungsetats durchsetzen wollte, wurde 2001 aus dem Amt gejagt. Auch die Einführung von Studiengebühren konnte verhindert werden, bis heute sind lediglich Graduiertenprogramme kostenpflichtig. So blieb gewährleistet, dass nicht nur Jene studieren können, die aus gutem Hause kommen. Faktisch haben allerdings aufgrund der von massiver Ungleichheit geprägten Sozialstruktur Argentiniens und des mangelhaften Bildungssystems nur wenige junge Menschen aus benachteiligten Bevölkerungsschichten Zugang zur Universität.

Die Wirkung der neuerlichen Proteste bleibt abzuwarten. Die Regierung Macri will in den kommenden aktualisierte Lohn- und Etatangebote vorlegen. Sollten die Basisversammlungen an den Universitäten diese ablehnen, ist eine Ausweitung der Gegenwehr zu erwarten.

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