Chile / Militär

Soldaten der Diktatur in Chile wollen Entschädigung

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Ex-Soldaten der Pinochet-Diktatur wollen auf Entschädigung klagen
Ex-Soldaten der Pinochet-Diktatur wollen auf Entschädigung klagen

Santiago de Chile. Rund 400 ehemalige Soldaten, die während der Diktatur unter Augusto Pinochet (1973-1990) in den Streitkräften Chiles als Wehrpflichtige dienten, fordern vom Staat eine Entschädigung für ihren Zwangsdienst. Sie seien "die ersten Opfer des blutigen Militärregimes" gewesen, heißt es in der Mitteilung der "Nationalen Vereinigung für die Einbeziehung der Menschenrechte ehemaliger Rekruten". Der Staat müsse sich der Schäden annehmen, den diese Soldaten während der Diktatur erlitten hätten. Gespräche mit früheren demokratischen Regierungen blieben ergebnislos, nun schlage man den Rechtsweg ein. "Wir haben uns endgültig entschieden, vom Staat zu fordern, dass wir als die ersten Opfer der Diktatur anerkannt werden", sagte Marcelo Sanhueza, der Vorsitzende der Vereinigung, gegenüber Radio Cooperativa. Er hoffe, dass sich weitere der rund 1.000 Ex-Soldaten anschließen, die Mitglieder der Vereinigung sind.

Als Beispiele führt Sanhueza die Aussagen zweier Ex-Soldaten an.: "Es war sehr schwierig, mich nach dem, was passiert war, zu kontrollieren, denn es handelte sich um eine wahre Gehirnwäsche, damit ich mein eigenes Volk töte und verstümmle“, so Jaime Fica, der im Jahr 1978 eingezogen wurde. "Menschen schlagen zu müssen, die auf der Straße waren und gegen die Ausgangssperre verstießen, hat mich für den Rest meines Lebens gezeichnet", berichtet Fernando Mellado, der ab 1973 in der Armee war.

Zwar habe die Regierung während der ersten Amtszeit von Präsidentin Michelle Bachelet zugestanden, dass die Menschenrechte der Rekruten verletzt worden seien. Es gehe jedoch darum, dass sie als "Opfer einer schrecklichen Staatspolitik" anerkannt werden und eine entsprechende gesetzliche Regelung geschaffen werde, so deren Rechtsanwältin, Carola Canelo. Der Staat müsse den damals Einberufenen Entschädigungen in Form von Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung zugestehen.

Erst im November 2015 verabschiedete der chilenische Kongress ein Gesetz, das den Staat zu einer einmaligen Entschädigungszahlung in Höhe von umgerechnet 1.300 Euro an die Opfer der Diktatur verpflichtet. Von dieser Geldsumme profitieren fast 30.000 ehemalige politische Gefangene und Folteropfer des Pinochet-Regimes. Dem Gesetz waren zahlreiche Proteste und Verhandlungen sowie kontroverse Kongressdebatten vorausgegangen. Einige Abgeordnete der Christdemokraten (DC) hatten gefordert, dass auch Rekruten entschädigt werden. Dies wurde schließlich abgelehnt. Ehemalige politische Gefangene waren über 40 Tage im Hungerstreik, um höhere Renten, eine bessere Gesundheitsversorgung und Zahlungen an tausende Opfer, die bislang keine staatliche Entschädigung erhalten haben, zu erreichen.

Während der Pinochet-Diktatur wurden laut offiziellen Zahlen 3.200 Menschen getötet und mehr als 38.000 gefoltert. Der Großteil der Verbrechen ist bis heute nicht aufgeklärt.