Oberster Gerichtshof entscheidet über Gaspreiserhöhungen in Argentinien

Berufungsgericht lehnt Klage der argentinischen Regierung gegen Stopp der Gaspreiserhöhung ab. Der Fall wird nun vom Obersten Gerichtshof verhandelt

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"Kerzenmarsch" in Buenos Aires am 14. Juli
"Kerzenmarsch" in Buenos Aires am 14. Juli

Buenos Aires. Der Oberste Gerichtshof in Argentinien entscheidet über die Erhöhung der Gastarife. Es reagiert damit auf den Einspruch, den die argentinische Regierung gegen das "Tarifazo"-Urteil des Berufungsgerichts der Provinz Buenos Aires eingelegt hatte. Dieses hatte mit seinem Urteil im gesamten Land die Erhöhung der Gaspreise sowie der Strompreise in der Provinz Buenos Aires gestoppt.

Der Oberste Gerichtshof hat zur Entscheidungsfindung von der Regierung einen Bericht angefordert, in dem Details zu den Tariferhöhungen dargelegt werden sollen. Dazu gehören unter anderem eine Ausführung über die sozialen und ökonomischen Aspekte der Gaspreiserhöhungen, eine Spezifizierung der Gründe für die Anhebung und weitere Details über den Gesamtbetrag, den der Endkunde zu zahlen hat. Dafür hat die Regierung zehn Tage Zeit. Das Urteil wird nicht vor August erwartet.

Die Erhöhung der Gaspreise ist Teil der sogenannten "Tarifazos" (etwa: extreme Tarife). So werden in Argentinien die Maßnahmen genannt, die Argentiniens Präsident Mauricio Macri seit seinem Amtsantritt im Dezember 2015 angestoßen hat und die oft als "Rückkehr zum Neoliberalismus" bezeichnet werden.

Dazu gehören die Etat-Kürzungen bei Bildungsinstitutionen, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und die Preiserhöhungen für Nahverkehr, Wasser und Gas. Im Mai gab die Regierung dem wachsenden Unmut der Bevölkerung teilweise nach und einigte sich mit Gouverneuren der Provinzen Patagoniens und La Pampa auf eine Obergrenze für Gaspreise.

Es kursieren unterschiedliche Angaben über die Erhöhungen der Preise, die zudem von Region zu Region variieren. In manchen Provinzen sollen die Gaspreise um 1.000 bis 1.800 Prozent gestiegen sein. Bei Strom- und Transportpreisen wurde im Mai von Erhöhungen bis zu 90 Prozent gesprochen. Bezüglich der Wasserpreise würden sich die Erhöhungen derweil auf bis zu 375 Prozent belaufen. Alle Angaben nehmen in der Regel Anfang Dezember vergangenen Jahres als Referenz ‒ der Amtseinführung von Staatspräsident Macri.

In Anbetracht der Anrufung des Obersten Gerichtshofs gibt es seit einer Woche erneut landesweit Proteste gegen die Tariferhöhungen. So demonstrierten am 14. Juli um 20 Uhr zeitgleich Tausende in zahlreichen Städten, zum Teil mit sogenannten Cacerolazos, dem lautstarken Topfschlagen. Bei den Protesten wurden Forderungen nach Rücktritt von Macri und seinem EnergieministerJuan José Aranguren laut. Aranguren war bis zu seiner Ernennung zwölf Jahre Vorstandsvorsitzender von Shell Argentina und hat die "Tarifazos" maßgeblich ausgearbeitet.

"Wir werden weiter gegen diese Form von Tarifen protestieren", sagte Osvaldo Bassano von der Vereinigung für Verbraucherschutz. Bassano berichtet, dass bei den Gasrechnungen immerzu Fehler auftauchen, da auch die Gasanbieter nicht mehr wissen, was sie nun berechnen sollen.

Der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur berichtet, dass die Erhöhungen nicht nur für private Haushalte, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmer existenzbedrohend seien können.

Macri verteidigt indes die Maßnahmen. Argentinien verfüge nicht über genügend eigene Energiereserven und die Importe seien teuer, erklärte er. Die niedrigen Gas- und Strompreise unter der Vorgängerregierung von Cristina Fernández de Kirchner, laut Telesur die niedrigsten der Welt, seien nicht tragbar. "Mit dem Thema der Gratis-Energieversorgung haben wir uns in Serien-Umweltzerstörer verwandelt", so Macri. An anderer Stelle sprach er davon, dass mit den Maßnahmen "Klientelismus und Lügen" abgeschafft würden.

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