Argentiniens Wirtschaft auf Talfahrt, Präsident Macri guter Dinge

Regierung stellt Programm zur Steigerung der Produktion vor. Zahlen eher ernüchternd, Inflation hoch. Regierung und Provinzen verschuldet

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Präsident Macri bei einer Landwirtschaftsausstellung
Präsident Macri bei einer Landwirtschaftsausstellung

Buenos Aires. Argentinien befindet sich wirtschaftlich weiterhin auf Talfahrt. Nun hat die Regierung um Präsident Mauricio Macri einen neuen Wirtschaftsplan angekündigt. Dieser "Nationale Produktionsplan" (Plan Productivo Nacional, PPN) soll dabei helfen, verschiedene Branchen umzustrukturieren und effizienter zu machen.

Der PPN soll argentinische Unternehmen zugleich konkurrenzfähiger machen und besser in den Weltmarkt integrieren. Gleichzeitig sollen die Preise spezifischer Produkte gesenkt und mehr qualifizierte Arbeitskräfte ausgebildet werden. Die vorgesehenen Maßnahmen wie etwa Kapitalkostensenkungen, Steuerreformen und Innovationsförderung betreffen hauptsächlich die heimische Elektronik-, Textil- und Autoindustrie.

Bereits mit großer Spannung werden die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Insel-Provinz Feuerland erwartet. Nirgendwo anders im Land sind die Produktionskosten so hoch und nirgendwo ist ein derart großer Anteil der Bevölkerung (über 10.000 Menschen) in der Elektronikindustrie tätig. Das ist auch ein Resultat der Regionalpolitik von Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner.

Ein Aufschwung der argentinischen Industrie würde sich mit größter Wahrscheinlichkeit positiv auf die seit längerer Zeit andauernde Inflation auswirken. Nach wie vor steigen in Argentinien die Preise und Lebenshaltskosten monatlich um mehrere Prozentpunkte an. Vor diesem Hintergrund überraschte Präsident Macri mit der Aussage, dass die Diskussionen rund um das Thema Inflation in die Irre führten und er der Zukunft optimistisch entgegensehe. Ein Blick auf aktuelle Zahlen und Fakten zeigen die Realitätsferne dieser Aussage.

Die Inflation stieg in der ersten Hälfte des Jahres 2016 um über 27 Prozent auf einen kumulierten Jahresvergleichswert von rund 45 Prozent. Die steigenden Lebenshaltungskosten wirkten sich wiederum auf den Gesamtkonsum aus. Dieser ging im Juni 2016 im Vergleich zum Vormonat um 6,4 Prozent zurück. Seit dem Amtsantritt Macris ist zudem ein Verlust der Kaufkraft von fast zehn Prozent zu verzeichnen. Aufgrund von Produktionsproblemen droht aktuell ein landesweiter Engpass an Lebensmitteln des täglichen Gebrauchs.

Ein weiteres gravierendes Wirtschaftsproblem sind die konstant wachsenden Schulden der Nation und der Provinzen. In der vergangenen Woche traf sich Macri mit den 23 argentinischen Gouverneuren in seinem Amtssitz Casa Rosada. Gemeinsam wurden Abmachungen getroffen, um die Haushalte aller Provinzen bis 2019 auszugleichen. Deren Gesamtschulden hatten sich Ende 2015 auf 95 Milliarden Peso (gut 5,7 Milliarden Euro) belaufen. Allein die einwohnerstärkste Provinz Buenos Aires hat über 20 Milliarden Peso (gut 1,2 Milliarden Euro) Schulden.

Argentiniens Bundesregierung informierte bereits Ende Juli, dass das primäre Staatshaushaltsdefizit - ohne Finanzertrag - für den Monat Juni über 45 Milliarden Peso (gut 2,7 Milliarden Euro) beträgt. Betrachtet auf die ganze erste Jahreshälfte von 2016 beläuft es sich sogar auf über 133 Milliarden Peso (knapp acht Milliarden Euro). Wie die Tageszeitung Clarín berichtet, handle es sich dabei um einen zu tiefen, "beschönigten" Wert. Zudem weist sie darauf hin, dass der Staatskasse einerseits Steuereinnahmen von Exportwaren wegen rückläufigen Verkaufszahlen und Steuersenkungsreformen fehlen, anderseits Mehrwertsteuereinnahmen aufgrund des sinkenden Konsums.

Während Ex-Finanzsekretär Guillermo Nielsen eine düstere Zukunft prognostiziert, erhoffen sich andere neue Impulse dank ausländischer Investitionen. Argentinien sei auf globalem Niveau wieder glaubwürdig, schreibt die Tageszeitung La Nación und berichtet über ausländische Investitionsversprechen von mehr als 170 Milliarden US-Dollar. Während lateinamerikanische Länder wie Brasilien (70 Milliarden US-Dollar), Mexiko (30-40 Milliarden US-Dollar) und Chile (20 Milliarden US-Dollar) in den vergangenen Jahren hohe Investitionen anlockten, lag Argentinien mit jährlich nur sieben bis elf Milliarden US-Dollar am Ende der Skala.

Dass jedoch im Ringen um ausländische Investitionen die Inflation ein riesiges Handicap ist, dürfte selbst der Regierung Macri klar sein. Carlos Balter, Präsident der Demokratischen Partei Mendoza, sieht zudem die Regierung vor einem gewaltigen wirtschaftspolitischen Dilemma zwischen den Haushaltsschulden und der wirtschaftlichen Öffnung des Landes: Es sei schier unmöglich, angemessene Wirtschaftsreformen zu ergreifen, die der eigenen Volkswirtschaft nützen und gleichzeitig den exportorientierten Unternehmen nicht schaden.

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