Bolivien / Politik / Wirtschaft

Konflikt zwischen Regierung und Bergbaukooperativen in Bolivien

Streit um Verträge zwischen Privatunternehmen und Minenarbeitern zur Ausbeutung landeseigener Bodenschätze. Kooperativen lehnen Gewerkschaften ab

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Pressekonferenz der Fencomin mit ihrem Rechtsberater Jaime Zambrana (Bildmitte). Die Vereinigung fordert die sofortige Freilassung inhaftierter Kooperativisten
Pressekonferenz der Fencomin mit ihrem Rechtsberater Jaime Zambrana (Bildmitte). Die Vereinigung fordert die sofortige Freilassung inhaftierter Kooperativisten

La Paz/Oruro. Zwischen der bolivianischen Regierung und der Vereinigung der Bergbaukooperativen (Fencomin) ist ein heftiger Streit entbrannt. Ein Grund für die Auseinandersetzung ist die Verabschiedung des modifizierten Bergbau- und Metallverarbeitungsgesetzes am 8. August durch das bolivianische Parlament.

Fencomin zeigt sich nicht damit einverstanden, dass Vertragsschließungen zur Ressourcenausbeutung mit privaten Unternehmen einer vorherigen Erlaubnis durch Regierungsbehörden bedürfen. Der Kooperativen beharren darauf, die ihnen vom Staat erteilten Konzessionen an nationale und internationale Konzerne übertragen zu dürfen.

Diesen Punkt betrachtet die Regierung von Präsident Evo Morales als nicht verhandelbar, weil ein vertraglicher Zusammenschluss mit Privatunternehmen zur Förderung von Rohstoffen ohne Genehmigung des Staates gegen die bolivianische Verfassung verstößt. Dort heißt es in Artikel 349-I: "Die natürlichen Ressourcen sind direktes, unteilbares und unverjährbares Eigentum und Besitztum des bolivianischen Volkes, ihre Verwaltung gemäß dem kollektiven Interesse kommt dem Staat zu." Dementsprechend müsse der Staat die Vereinbarungen genehmigen, ansonsten bestünde die Gefahr einer "getarnten Privatisierung", so Regierungsminister Carlos Romero. Die Bergbaukooperativen fordern dagegen, dass ihnen die Möglichkeit der Unterzeichnung von Konzessionsverträgen mit privaten nationalen oder ausländischen Unternehmen eingeräumt wird. Fencomin argumentiert, dass die kleinen Raster zur Ressourcenausbeutung im Besitz der Kooperativen für transnationale Konzerne nicht attraktiv seien.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Modifizierung des Kooperativengesetzes durch die Regierung. Fencomin befürchtet eine Einmischung des Gewerkschaftssektors in die bis dato unabhängigen Organisationsstrukturen und lehnt die Verpflichtung zur Bildung von Gewerkschaften innerhalb der Kooperativen ab.

Bereits seit über einem Jahr hätten die Bergbaukooperativen das Gespräch mit der Regierung gesucht, allerdings ohne Ergebnis. Als Reaktion auf die beiden Gesetze hatten Mitglieder der Vereinigung am 10. August mehrere Hauptverkehrsstraßen des Landes blockiert. Daraufhin war es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, bei denen es zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten gab. In der Nacht vom 12. August wurden die Blockaden nach drei Tagen ständiger Konfrontationen aufgehoben und Verhandlungen zwischen Regierung und den Kooperativen aufgenommen.

Im Verlauf der Proteste wurden zehn Kooperativisten festgenommen und mit der Begründung einer präventiven Sicherheitsverwahrung ins Gefängnis San Pedro in La Paz gebracht. Ihnen werden unter anderem illegaler Waffenbesitz, Angriffe gegen staatliche Sicherheitsbeamte, schwere Körperverletzung und Attacken gegen öffentliche Einrichtungen vorgeworfen. Fencomin stellte der Regierung nun ein Ultimatum zur Freilassung ihrer Mitstreiter. "Wir behalten uns das Recht vor, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Wir können das Gefängnis von San Pedro einnehmen oder erneut auf die Straßen gehen, dieses Mal mit all unseren Mitgliedern", kündigte Federico Escobar, der Kooperativenpräsident von La Paz, auf einer Pressekonferenz an. Ohne eine Freilassung werde es keine Fortsetzung der Gespräche geben. Die Regierungsseite gibt sich nach wie vor unnachgiebig. "Wir werden es nicht zulassen, dass Protestaktionen die Rechte Dritter verletzen", so Carlos Romero. Am 18. August verstrich das Ultimatum, ohne dass die Inhaftierten freigekommen wären.

Unterdessen hat die Regierung am Donnerstag auf den Maßnahmenkatalog von Fencomin geantwortet, der nun von den Ortsgruppen der Kooperativen evaluiert werden soll. Die Führungsspitze zeigte sich mit der Antwort unzufrieden. Carlos Mamani, der Präsident von Fencomin, bezeichnete sie als "Verspottung", die die Inschrift der Gewerkschaft trage. "Es handelt sich weder um eine konkrete noch um eine ernsthafte Antwort, die zeigt, dass es keine Bergbaupolitik in diesem Land gibt", fügte er hinzu.

Für weiteren Konfliktstoff dürfte nun das neue Kooperativengesetz sorgen, das Präsident Morales am 19. August in Cochabamba offiziell verkündet hat. Dafür konnte er auf den Rückhalt der im Gewerkschaftsdachverband COB organisierten Bergarbeiter zählen, die die Vorschrift von Gewerkschaften in Kooperativen befürworten. Die Führungsebene der COB hatte ihre Basis zur Unterstützung der Bekanntgabe aufgerufen. Die Bergbaukooperativen hingegen betrachten das Gesetz als Provokation. "Die Regierung hat dem Kooperativensystem einen offenen Krieg erklärt", so Mamanis Reaktion auf die Ereignisse. Eine Wiederaufnahme der Proteste sei deshalb nicht ausgeschlossen.

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