Menschenrechtskommission in Mexiko: Bundespolizei richtet hin

Gezielte Morde bei Auseinandersetzung zwischen Bundespolizei und Kartellmitgliedern. Vorwurf der Folter, Manipulation und Fälschung von Beweisen

edificio_de_la_policia_federal_en_paseo_reforma_de_la_ciudad_de_mexico.jpg

Sitz der Bundespolizei in Mexiko-Stadt. "Die Bundespolizei arbeitet für dich"
Sitz der Bundespolizei in Mexiko-Stadt. "Die Bundespolizei arbeitet für dich"

Mexiko-Stadt. Die Nationale Menschenrechtskommission Mexikos (CNDH) bezichtigt die Bundespolizei des Landes, im Frühjahr des vergangenen Jahres 22 Menschen "willkürlich hingerichtet" zu haben. Der Bericht der CNDH, der am 18. August in Mexiko-Stadt vorgestellt wurde und 696 Seiten umfasst, spricht darüber hinaus von Foltervorwürfen gegenüber den Einsatzkräften. Diese hätten zudem das Tatszenario verändert und falsche Beweise gelegt, wie Waffen und Munition.

Nach offiziellen Angaben handelte es sich damals um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Einsatzkräften der Bundespolizei und Mitgliedern der kriminellen Organisation "Kartell Jalisco Neue Generation" (CJNG), die am 22. Mai 2015 auf der Ranch El Sol im Bezirk von Tanhuato im westlich gelegenen Bundesstaat Michoacán stattfand. Dabei kamen insgesamt 43 Menschen ums Leben, darunter ein Polizist.

Bereits wenige Tage nach dem 22. Mai wurden Zweifel und Kritiken an dieser Version geäußert, die von der Bundesregierung umgehend scharf abgewiesen wurden.

In ihrem Bericht stellt die CNDH nun fest, dass 22 der 42 getöteten Zivilisten in verschiedenen Situationen mit Schüssen hingerichtet wurden: aus einem überfliegenden Helikopter der Bundespolizei; rücklings; innerhalb und außerhalb eines Hauses auf dem Grundstück der Ranch; und in einem Fall wurde eine Person lebendig verbrannt. 40 der 42 Zivilisten konnten identifiziert werden; acht von ihnen wiesen Vorstrafen auf, sechs waren ehemalige Soldaten, drei gehörten der Gemeindepolizei an und eine Person einer privaten Sicherheitsfirma.

Die jetzige Reaktion der Bundesregierung unterscheidet sich kaum von der vorherigen, trotz neuer und wissenschaftlich nachgewiesener Erkenntnisse: die 14 Empfehlungen, die in dem Bericht enthalten sind, wurden zwar angenommen, der Vorwurf der willkürlichen Hinrichtungen jedoch erneut zurückgewiesen.

Den damaligen Ereignissen war eine Angriffswelle des CJNG drei Wochen zuvor vorausgegangen. Auslöser war eine Militäroperation gewesen, die zur Festnahme von Nemesio Oseguera Cervantes, "El Mencho", dem Anführer des Kartells, führen sollte. Die kriminelle Organisation installierte zeitweilig bis zu 40 Straßenblockaden in den Bundesstaaten Jalisco, Colima und Michoacán – viele von ihnen im urbanen Großraum der zweitgrößten Stadt des Landes, Guadalajara – zündete mehrere Tankstellen und Bankfilialen an und schoss mit einem Raketenwerfer sogar einen Helikopter des Verteidigungsministeriums mit Insassen der Spezialeinheit GAFE ab, ein bis dato einmaliger Vorgang. Sieben Tote und 19 Verletzte waren die Bilanz nach diesem Tag. An anderer Stelle legte das CNJG im April 2015 einer ländlichen Polizeieinheit einen Hinterhalt und tötete 15 Polizisten.

Am 19. April dieses Jahres wurde ein Schreiben des US-amerikanischen Justizministeriums an den Wissenschaftler Sean A. Dunagan von Judicial Watch veröffentlicht. Darin wird zugestanden, dass 94 während der in den Jahren 2009 und 2010 missglückten US-Geheimoperation "Fast and Furious" gegen mexikanische Drogenkartelle spurlos verschwundenen Waffen hohen Kalibers zurückgewonnen werden konnten. 20 von ihnen wurden im Zuge gewalttätiger Zusammenhänge entdeckt, drei von ihnen tauchten auf der Ranch El Sol in Tanahuato auf.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link