Bogotá. Der Anführer der Kampagne gegen den Friedensvertrag mit der Farc-Guerilla in Kolumbien, Ex-Präsident Álvaro Uribe, hat eine Liste von Vorschlägen zur Veränderung des Abkommens veröffentlicht. Mit der Publikation über den Kurznachrichtendienst Twitter wollte der rechtsgerichtete Politiker offenbar Kritikern entgegenwirken, die ihm vorgehalten hatten, die CD hätte keine seriösen Vorschläge und habe das "Ja" zum Friedensabkommen lediglich sabotieren wollen.
Teile der Vorschläge beziehen sich auf die Bedingungen, unter denen die Farc-Mitglieder ins Zivilleben zurückgeführt werden sollen. Uribe besteht auf vollständigen Freiheitsentzug von fünf bis acht Jahren für Guerilleros, die Schwerverbrechen begangen haben. Der 65-Jährige schlägt zu diesem Zweck Gefängnisse vor, in denen die Insassen landwirtschaftliche Aufgaben erledigen.
Die Regierung und die Farc hatten sich dem entgegen auf alternative Sanktionen von fünf bis acht Jahren geeinigt. Die Verurteilten würden laut Friedensvertrag ihre Haftzeit beim Bau von Schulen, Krankenhäusern und ähnlichen gemeinnützigen Aufgaben verbringen. Dies würde nicht nur für Guerilleros gelten, sondern auch für Zivilisten, Polizisten und Militärs, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, sofern sie sich bei den Gerichten der Sonderjustiz für schuldig erklärt und die vollständige Wahrheit über ihre Taten dargelegt haben.
Ex-Präsident Uribe will nun aber dasselbe Justizmodell durchsetzen, das er bei der Entwaffnung der Paramilitärs während seiner Regierung eingeführt hat. Das damals verabschiedete "Gesetz für Gerechtigkeit und Frieden" war allerdings gescheitert. Die Paramilitärs haben dabei mehr als 40.000 Verbrechen gestanden, aber es gibt nur 42 Urteile, erklärte der Menschenrechtler Alberto Yepes. Kritiker erwarten, dass das Uribe-Lager die damaligen Gesetze bei Guerilleros unnachgiebiger durchsetzen will.
Uribes wendet sich indes auch dagegen, dass "für Schwerverbrechen Verantwortliche" politische Posten besetzen dürfen. Dies sei ein Privileg, das andere Verurteilte nicht hätten. Uribe bezieht sich damit auf die drei Plätze, die Farc-Angehörige jeweils im Repräsentantenhaus und Senat bekommen würden, um sich an den Diskussionen zur Erlassung der Friedensgesetze zu beteiligen. Diese vorübergehenden Posten dürfen laut dem Friedensvertrag jedoch nur Ex-Guerilleros haben, die ihre Bürgerechte aufgrund von Verurteilungen bei Strafverfahren nicht verloren haben. Das gleiche gilt für die fünf Abgeordneten, die die künftige Farc-Partei in jeder der zwei Parlamentskammern zwischen 2018 und 2026 besetzen dürften.
Darüber hinaus befürwortet Uribe eine Amnestie für alle Guerilleros, die nicht Befehlshaber sind. Ihren Lebensunterhalt könnten sich die amnestierten Farc-Leute bei der Zerstörung von Drogenanpflanzungen verdienen, so Uribe. Ebenso schrieb der 65-Jährige, dass der Drogenhandel nicht als politisches Delikt deklariert werden sollte. Laut dem Friedensvertrag werden alle Verbrechen amnestiert, die nicht mit persönlicher Bereicherung sondern die mit der Rebellion innewohnende Aktivitäten zusammenhängen. Dies würde auch für den Drogenhandel gelten. Für die Farc dürfte es schwer sein, in diesem Punkt nachzugeben, wenn sie nicht in die USA ausgeliefert werden wollen.
Zudem plädiert Uribe dafür, dass "ehrenhafte Unternehmer" nicht vom Friedensvertrag betroffen sein sollten. Gemeint ist offenbar das Kapitel zur Landreform, die unter anderem gegen die Konzentration unproduktiver Ländereien vorgehen will.
Der Ex-Präsident wünscht eine Besserstellung für Angehörige der Streitkräfte im Übergangsjustizsystem. Allerdings hat das "Versöhnungskomitee", zu der die meisten inhaftierten Militärs und Polizisten gehören, am selben Tag seine "uneingeschränkte Unterstützung" bei den Verhandlungen mit der Farc verkündet.
Die Vorschläge Uribes seien nicht realisierbar, sagte der Redakteur des linken Nachrichtenmagazins Voz, Carlos Lozano. Der Ex-Präsident strebe damit schließlich nur an, etwaige Nachverhandlungen hinauszuzögern und spekuliere darauf, dass seine Partei die Präsidentschaftswahlen von 2018 gewinnt. Keine Guerilla der Welt würde verhandeln, um im Gefängnis zu landen oder um keine politische Teilhabe zu haben, erklärt Lozano. Inzwischen hat Präsident Santos die Gegner des aktuellen Friedensvertrags aufgefordert, keine unmöglichen Vorschläge mehr zu unterbreiten, um den Friedensdialog damit in die Länge zu ziehen.