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Mindestlöhne in Mexiko weiterhin unter der Armutsgrenze

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Die Armut im neoliberal regierten Mexiko bleibt unverändert hoch
Die Armut im neoliberal regierten Mexiko bleibt unverändert hoch

Mexiko-Stadt/Santiago de Chile. Nach Angaben der in Chiles Hauptstadt Santiago ansässigen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (Cepal) bleibt Mexiko – wie in den vorangegangenen Jahren – weiterhin das einzige Land der Region, dessen staatlich festgelegter Mindestlohn unterhalb der Armutsgrenze liegt. Das heißt, es gibt Menschen, die in Vollzeit arbeiten und trotzdem nicht genügend verdienen, um ausreichend Geld für das Überleben zu erwirtschaften. Laut Cepal verstößt der Staat mit der zu niedrigen Mindestlohngrenze gegen die mexikanische Verfassung, weil Erwerbstätige trotz ihrer Arbeit Hunger leiden.

Für die Wirtschaftskommission ist diese Analyse für Mexiko als eine der am höchsten entwickelten Volkswirtschaften Lateinamerikas paradox: Einerseits ist das Land regional eines der ersten gewesen, das einen Verfassungsartikel (Art. 123) der Definition eines Mindestlohnes widmet, andererseits sind in der Realität die Grenzen zwischen Mindestlohnbezug und Armut fließend. Dieser liegt 2016 bei 73,04 Pesos täglich (rund 3,50 Euro, Stand 13. Oktober), was hochgerechnet auf einen Monat mit 30 Tagen 105 Euro entspricht, bei 20 angenommenen Arbeitstagen sogar noch ein Drittel weniger. Dieser Betrag sollte laut verfassungsmäßiger Definition ausreichen, um eine ganze Familie zu ernähren. Er liegt jedoch weit unterhalb der Kosten für den Grund-Warenkorb an notwendigen Lebensmitteln und Waren sowie Dienstleistungen, der den Mindestbedarf mit 127 Euro monatlich pro Person angibt.

Die Cepal äußerte sich anlässlich einer internationalen Konferenz über ausreichende Mindestlöhne. Laut den Organisatoren darf nach dem ersten Nachhaltigen Entwicklungsziel (SDG) der Vereinten Nationen nicht arm sein, wer arbeitet. Nach Angaben der Wirtschaftskommission ist Mexiko eines der lateinamerikanischen Länder, deren Lohn-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) am geringsten ist. Der Löwenanteil des BIP entfällt also nicht auf Löhne der arbeitenden Bevölkerung, sondern auf Unternehmens- und Kapitalgewinne. Zum Vergleich: Während im Durchschnitt der OECD-Länder der Lohnanteil am BIP bei 66 Prozent liegt, erreicht er im Durchschnitt lateinamerikanischer Länder 50, in Mexiko jedoch nur 29 Prozent.

Bereits seit vielen Jahren ist Mexiko das Schlusslicht im Vergleich lateinamerikanischer Mindestlöhne. So verdiente 2014 ein Siebtel (14 Prozent) der Mexikanerinnen und Mexikaner weniger als einen Mindestlohn und sogar zwei Fünftel (40 Prozent) weniger als zwei Mindestlöhne. Die fehlende Kaufkraft schwächt entsprechend die Nachfrage der ärmeren Bevölkerung nach Konsumgütern und dämpft die wirtschaftliche Entwicklung. Fast die Hälfte der rund 120 Millionen Menschen in Mexiko lebt in Armut.

Demgegenüber ist in Costa Rica der Mindestlohn mehr als drei Mal so hoch wie die Armutsgrenze. Studien der Cepal in Argentinien, Brasilien, Chile und Uruguay belegen, dass Anhebungen der Mindestlöhne sich positiv auswirken und zu sinkender Ungleichheit, ansteigender Beschäftigung und einer Formalisierung der Arbeitsverhältnisse führen. Die Kommission empfiehlt daher eine progressive Anhebung im Einklang mit makroökonomischen und Kreditpolitiken, um den Konsum breiter Gesellschaftsschichten anzuheben und zu einem robusteren Wachstum zu gelangen.

Die mexikanische Regierung hat zwar 2014 einen Vorschlag zur Anhebung der Mindestlöhne vorgelegt, dem aber bisher keine Taten folgen lassen.

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