Mexiko / Politik

Zapatisten und Indigener Kongress wollen an Präsidentschaftswahl in Mexiko teilnehmen

"Zeit für neue Aktionsformen": EZLN und CNI schlagen Gründung eines Regierungsrates vor. Indigene soll als Kandidatin für Präsidentschaft antreten

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Diskussion beim Auftakt des Kongresses
Diskussion beim Auftakt des Kongresses

San Cristóbal de las Casas, Mexiko. Die Guerilla-Organisation Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) und indigene Verbände wollen sich über Wahlen an dem politisch-parlamentarischen System in Mexiko beteiligen. Das ist ein Ergebnis des Fünften Nationalen Indigenen Kongress (CNI), an dem in der Bezirkshauptstadt San Cristóbal de las Casas im südlichen Bundesstaat Chiapas vom 9. bis 14. Oktober 360 Delegierten von 32 indigenen Gruppen aus teilnahmen.

Zeitgleich markierte das Datum das 20-jährige Bestehen des Kongresses, nachdem dieser von der verstorbenen EZLN-Kommandantin Ramona 1996 ins Leben gerufen worden war. In den Räumen des Indigenen Zentrums zur integralen Ausbildung, einer Bildungsstätte für junge Menschen aus den umliegenden Dörfern, nahmen darüber hinaus 80 geladene Gäste und über 400 Sympathisanten aus Mexiko und anderen Ländern teil.

Zentrales Ergebnis des Kongresses ist der gemeinsame Vorschlag von CNI und EZLN, einen Indigenen Regierungsrat zu gründen. Dieser soll aus zwei Vertretern (eine Frau und ein Mann) aus jedem Volk, jeder Gemeinde und Organisation bestehen. Der Vorschlag beinhaltet weiterhin, dass dieser eine indigene Frau aus seinen Reihen wählen soll, die als Sprecherin fungiert und als Kandidatin bei den Präsidentschaftswahlen 2018 antritt.

Während des Kongressauftakts bekamen besonders die Worte von Subcomandante Moisés, seit Mai 2014 offizieller Sprecher der Zapatistas, viel Aufmerksamkeit. In seiner Rede hob er hervor, "dass niemand dafür kämpfen wird, uns zu befreien, außer wir selbst". Es sei an der Zeit, sich zu organisieren, "damit das Wie geboren wird" für die nächsten Schritte zur Änderung der herrschenden, ungerechten Zustände. Das Zusammenkommen war als Arbeitstreffen geplant, die Delegierten hatten sich in vier thematische Arbeitsgruppen aufgeteilt: Vertreibung und Repression, Widerstände und Rebellionen, Bilanz des CNI und Vorschläge zu seiner Stärkung.

Als zum Abschluss des Kongresses die genannten Vorschläge einer Präsidentschaftskandidatin und eines Regierungsrates im Raum standen, führte Subcomandante Galeano in einer halbstündigen Rede vor einem überfüllten Saal die gemeinsame Idee genauer aus. Er warb dafür, bei den Wahlen anzutreten, da jetzt die Zeit sei, neue Aktionsformen zu wählen. Die Formen des Kampfes des CNI seien schon seit langer Zeit dieselben und es sei nötig, dem System immer wieder auf neuen Wegen entgegenzutreten.

Im weiteren Verlauf des Abends wurden die beiden Vorschläge bei einer regen Beteiligung der Delegierten diskutiert. Die Debatte mündete darin, dass die Anwesenden sie annahmen und nun in ihren Gemeinden zur Diskussion stellen. Im gemeinsamen Abschlusskommuniqué machen CNI und EZLN noch mal deutlich, dass die Kandidatur nicht wegen der präsidialen Macht angestrebt werde. Auch wird betont, keine politische Partei gründen zu wollen. Stattdessen gehe es darum, durch die Kandidatur und die dadurch angestoßene Debatte die Organisierung der indigenen Völker und der Zivilgesellschaft zu stärken, "um die Zerstörung zu stoppen". Bei einem kommenden Treffen des CNI soll dann endgültig eine Entscheidung gefällt werden.

Bisher sind nur wenige technische und politische Details hinsichtlich des Vorschlags bekannt. Doch trotz einiger Klarstellungen haben ablehnende Reaktionen aus der mexikanischen Linken und Medienöffentlichkeit nicht lange auf sich warten lassen. Viele sehen in der jetzigen Initiative entweder einen Verrat an den eigenen Prinzipien oder die Wiederholung von 2006. Damals unterlag der Mitte-links-Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador knapp seinem Kontrahenten. Gemeinhin wird von Wahlbetrug ausgegangen. Doch da damals Subcomandante Marcos Obrador vehement kritisiert hatte, gaben nicht wenige Linke und Intellektuelle den Zapatisten die Schuld für die Wahlniederlage.

Zustimmung kam dagegen unter anderem von der Grupo de Investigación en Arte y Política (Giap), einer losen mexikoweiten und internationalen Struktur, die sich um die Sechste Deklaration aus dem Lakandonischen Urwald mobilisiert und organisiert. In einer ausführlichen Stellungnahme heißt es, das politische System sei zur Schwachstelle der Macht geworden, daher "müssen wir genau dort angreifen, und um dies zu tun muss man in Kontakt mit ihm treten und seinen Raum, sei es auch nur zeitweise, besetzen".

Den vollständigen Giap-Text finden Sie hier

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