Haushalt 2017 in Venezuela ohne Parlament

Präsident Maduro unterzeichnet Budget nach Debatte mit Basisorganisationen. Überprüfung durch Oberstes Gericht. Opposition spricht von "Verfassungsbruch"

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Tausende versammelten sich vor dem Pantheon in Caracas ...
Tausende versammelten sich vor dem Pantheon in Caracas ...

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat dem Obersten Gerichtshof des Landes den Staatshaushalt für 2017 vorgelegt. Anders als in den Jahren zuvor wird er nicht von der Nationalversammlung abgesegnet.

Hintergrund ist die derzeitige Situation im Parlament. Bei den Wahlen im Dezember 2015 erreichte die Opposition zunächst eine Zweidrittelmehrheit der Sitze. Das Mandat von vier Abgeordneten – ein sozialistischer und drei oppositionelle – aus dem Bundesstaat Amazonas ist jedoch angefochten worden, da Unregelmäßigkeiten aufgetreten waren. Bis zum Abschluss der Untersuchungen ist es ihnen gerichtlich untersagt, ihr Amt zu übernehmen. Während die Linksfraktion dies akzeptierte, überging das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) das Urteil und MUD-Parlamentspräsident Ramos Allup vereidigte die drei in Frage stehenden Politiker. Der Oberste Gerichtshof (TSJ) erklärte daraufhin die Entscheidungen der Nationalversammlung für ungültig, die unter Beteiligung der umstrittenen Abgeordneten gefällt werden. Allup nannte dies ein "verbrecherisches Urteil".

Maduro ersuchte aufgrund dieser Blockadesituation beim TSJ um Klärung der rechtlichen Möglichkeiten, wie der Haushalt in Kraft gesetzt werden kann. Das Gericht entschied, dass der Präsident den Entwurf unterzeichnen und dann dem Gerichtshof zur Prüfung und Verabschiedung vorlegen kann. Die Opposition sieht in diesem Vorgehen einen Verfassungsbruch. Nach ihrer Einschätzung regelt die Verfassung einen Ausfall des Parlaments dadurch, dass der aktuelle Haushalt auch für das Folgejahr veranschlagt werden müsse.

Das Budget für 2017 war zuvor unter Beteiligung sozialer Bewegungen und Vertretern der Kommunen diskutiert und gebilligt worden. Der Haushaltsplan ist auf der Basis des niedrigen Ölpreises kalkuliert worden, enthält aber dennoch eine Erhöhung der Ausgaben für Soziales. Die venezolanische Regierung hat als ihr Ziel angegeben, die derzeitige schwierige ökonomische Lage des Landes nicht noch durch staatliches Sparen zu verschärfen. Parlamentspräsident Allup lehnt den Haushalt ab. Sein Volumen habe sich im Vergleich zum Vorjahr verachtfacht und würde deshalb die Inflation noch verschärfen.

Die Regierung Maduro hatte nach der Niederlage bei den Parlamentswahlen ein sogenanntes Nationales Parlament der Kommunen aktiviert. Es setzt sich aus Sprechern der Kommunen zusammen, die wiederum die Kommunalen Räte vertreten und eine Struktur der Selbstverwaltung auf lokaler Ebene bilden. Über legislative Befugnisse verfügt es nicht, wird jedoch von der chavistischen Bewegung als Vertiefung der Demokratie verstanden. Kritiker sehen darin einen Versuch, das gewählte Parlament zu umgehen. Zudem würden Vertreter der Regierungspartei bevorzugt und der Mehrheitswillen, der sich in den Parlamentswahlen ausdrückt, missachtet.

Indes unterzeichneten Anfang der Woche 270 Bürgermeister und 20 Gouverneure ein Unterstützungsschreiben zur Bewilligung des Staatshaushalts durch den Obersten Gerichtshof. Am Dienstag gingen in mehreren Städten Tausende Regierungsanhänger auf die Straße, um für das von Maduro initiierte Verfahren zu demonstrieren.

Der Staatshaushalt in Venezuela soll im kommenden Jahr zu rund 83 Prozent durch Einnahmen abgesichert sein, die nicht aus dem Erdölgeschäft stammen. Dies erklärte Finanzminister Rodolfo Medina bei einer Zusammenkunft des Rates für produktive Wirtschaft. Das Budget beinhalte vier Bereiche "sozialer Investition": Ernährung, Gesundheit, Wohnung und Bildung; Produktion und strategische Investitionen; Wissenschaft, Technologie, Kultur und Sport; Entwicklung, soziale Teilhabe, Sicherheit und nationale Verteidigung. Rund 73 Prozent des Etats sind für Sozialprogramme vorgesehen.

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