Venezuela / Politik

Venezuela zwischen Putschvorwürfen und Dialog

Oppositionsmehrheit im Parlament mobilisiert weiter gegen "Putsch". Kein Rückhalt im Militär. Uneinigkeit über Konfrontation oder Dialog mit Regierung

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Auf Einladung des päpstlichen Nuntius in Argentinien kamen Vertreter der Regierung und des MUD am Montag in Venezuelas Haupstadt zusammen
Auf Einladung des päpstlichen Nuntius in Argentinien kamen Vertreter der Regierung und des MUD am Montag in Venezuelas Haupstadt zusammen

Caracas. Bei der Sondersitzung des Parlaments in Venezuela am Dienstag haben die Oppositionparteien vom Tisch der demokratischen Einheit (MUD) mit ihrer Mehrheit erneut einen "Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung" festgestellt. Nach der Aussetzung des Verfahrens zu einem Abwahlreferendum gegen Präsident Nicolaś Maduro, die die Wahlbehörde CNE aufgrund einstweiliger Verfügungen mehrerer Regionalgerichte wegen Unregelmäßigkeiten bei der ersten Phase der Unterschriftensammlung verfügt hat, sucht die Opposition nach Handlungsoptionen.

Eine Parlamentskommission soll nun prüfen, ob Maduro eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt und sein Amt daher widerrechtlich innehat. Damit wird ein Thema aus früheren Kampagnen und Wahlkämpfen der venezolanischen Rechten aufgewärmt, Maduro sei auch Kolumbianer. Dies spielte zuletzt im Präsidentschaftswahlkampf von 2013 eine Rolle. Zudem soll "eine Bewertung und Feststellung der politischen Verantwortung" Maduros für den "Bruch der Verfassung" eingeleitet und das "Verlassen des Amtes" durch den Präsidenten konstatiert werden, da er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei – was einen Grund für seine Absetzung darstelle. Auch soll die Neubesetzung der Mitglieder der Nationalen Wahlbehörde (CNE) und des Obersten Gerichtshofes durch das Parlament vorgenommen werden.

Der verabschiedete Zehn-Punkte-Plan enthält zudem einen Aufruf an die "internationale Gemeinschaft", zur "Rettung der Demokratie" einzugreifen. Die Bevölkerung und die Streitkräfte werden aufgerufen zu handeln, laut Konstitution seien sie verpflichtet, diese "wieder in Kraft zu setzen".

Die Aufforderung der Opposition an das Militär wies Verteidigungsminister Vladimir Padrino López indes in einem Kommuniquee im Namen der Streitkräfte deutlich zurück. Niemand könne von ihnen einfordern, was sie bereits täten: die Verfassung zu respektieren und zu verteidigen. Ein Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung liege nicht vor. Er mahnte stattdessen die Opposition, diese zu achten

Der heutige Parlamentsbeschluss dürfte ebenso "null und nichtig" sein wie der von Sonntag, da erneut drei unzulässig vereidigte Abgeordnete abstimmten und damit ein Verstoß gegen ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (TSJ) vorliegt. Auch kann das Parlament allein Richter des TSJ und Direktoren des CNE nicht absetzen und auch kein "politisches Verfahren" gegen den Präsidenten durchführen und ihn seines Amtes entheben.

Die Parlamentssitzung war begleitet von einer Großdemonstration von Regierungsanhängern. Bereits am Dienstagmorgen versammelten sich Tausende im Zentrum der Hauptstadt zu einer Kundgebung "für die Verteidigung des Friedens und der Verfassung" und zogen später zum Präsidentenpalast, um Maduro zu empfangen, der von einer Auslandsreise zurück kam.

Inmitten der angespannten Situation haben sich am Montag auf Einladung des päpstlichen Nuntius in Argentinien, Emil Paul Tscherrig, Vertreter der Regierung mit MUD-Generalsekretär Jésus Torrealba und dem Fraktionsvorsitzenden der Opposition im Parlament, Julio Borges, in Caracas getroffen. Als Beobachter waren im Auftrag der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) die Ex-Präsidenten José Luis Zapatero (Spanien), Martín Torrijos (Panama) und Leonel Fernández (Dominikanische Republik) als Beobachter anwesend. Regierung und MUD vereinbarten für den 30. Oktober die Wiederaufnahme direkter Gespräche. Zudem soll eine gemeinsame Kommission eingerichtet werden, die dafür Sorge trägt, dass die Demonstrationen der kommenden Tage ungestört und friedlich verlaufen. Dies gab Tscherrig vor Medienvertretern nach der Zusammenkunft bekannt.

Während Präsident Maduro und weitere Linkspolitiker die Vereinbarungen begrüßten, stießen sie bei Teilen der Opposition auf heftigen Widerspruch. In den Sozialen Netzwerken monierten führende Vertreter, sie hätten davon im Fernsehen erfahren. Jegliches Gespräch mit der Regierung Maduro sei ausgeschlossen, stattdessen gehe es um "zivilen Ungehorsam" und den "Kampf auf der Straße". Der Gouverneur von Miranda und ehemalige Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles bestritt nicht nur, dass ein Dialog vereinbart wurde, sondern sogar, dass Torrealba überhaupt mit Regierungsvertretern zusammengetroffen sei – obwohl in den Medien Fotos verbreitet werden, die dies belegen. Man habe sich lediglich mit dem Vertreter des Papstes getroffen, um ihn über den "Putsch in Venezuela durch die Regierung Maduro" zu informieren. Darüber hinaus bestehe die Planung fort, vom heutigen Mittwoch an so lange und überall im Land auf die Straße zu gehen, bis die Abhaltung des Referendums noch in diesem Jahr durchgesetzt sei. Richtung Papst Franziskus, der Venezuelas Präsidenten am Montag empfangen hatte, erklärte Capriles, dieser müsse begreifen, dass "wir hier gegen den Teufel kämpfen" und Maduro ihn belüge.

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