Nicaragua / Politik

Nicaragua hat gewählt, FSLN gewinnt deutlich

Ortega mit 72,5 Prozent wiedergewählt. FSLN erreicht zwei Drittel der Stimmen bei Parlamentswahl. Wahlbeteiligung bei 68,2 Prozent

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FSLN-Anhänger feiern den Wahlsieg in Nicaraguas Hauptstadt Managua
FSLN-Anhänger feiern den Wahlsieg in Nicaraguas Hauptstadt Managua

Managua. Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Nicaragua hat sich am Sonntag wie erwartet die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) deutlich durchgesetzt. Nachdem fast alle Stimmen ausgezählt sind, liegt der amtierende Präsident und FSLN-Kandidat Daniel Ortega bei 72,5 Prozent der Stimmen. Neu gewählte Vizepräsidentin ist Ortegas Ehefrau und bisherige Regierungssprecherin, Rosario Murillo. Der Kandidat der Partido Liberal Constitucionalista (PLC), Maximo Rodríguez, erhielt 15 Prozent der Stimmen, José del Carmen Alvarado von der Partido Liberal Institucionalista (PLI) 6,6 Prozent, Saturnino Cerrato von der Alianza Liberal Nicaragüense (ALN) kam auf 4,3 Prozent. Auf die Kandidaten der Partido Conservador (PC) und der Alianza para la República (APRE) entfielen deutlich unter fünf Prozent.

Bei den Parlamentswahlen bekam die FSLN etwa Zweidrittel der Stimmen. Zum ersten Mal in der Geschichte sehen die nicaraguanischen Gesetze eine Frauenquote von 50 Prozent bei den Abgeordneten vor. In diesem Kontext sei allerdings erwähnt, dass in dem zentralamerikanischen Land ein absolutes Abtreibungsverbot herrscht, dem die FSLN wohl aus wahltaktischen Gründen wie auch die liberalen Abgeordneten zustimmte.

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des Wahlrats bei 68,2 Prozent und damit 5,7 Prozentpunkte niedriger als 2011. Aus Oppositionskreisen war während des Wahltags verlautet worden, dass die Enthaltung Werte von bis zu 80 Prozent erreicht habe. Der Leiter des Umfrageinstituts M&R Consultores, Raúl Obregon, nannte dies völlig unrealistisch, da die FSLN über etwa 44 Prozent Stammwähler verfüge. Die etwas höhere Enthaltung als bei den Wahlen 2011 führte er weniger auf die Kampagne gegen die Wahlen zurück, als darauf, dass einige Sympathisanten der FSLN nicht zur Abstimmung gingen, da ohnehin niemand ernsthaft am Wahlsieg zweifelte. Auch die oppositionelle Tageszeitung La Prensa hatte am Sonntag immer wieder von einer niedrigen Wahlbeteiligung berichtet.

Vor dem Urnengang hatten Teile der Opposition die Wahlen als "Farce" bezeichnet und zum Boykott aufgerufen. Kritik am Obersten Wahlrat und über mangelnde Transparenz bis hin zu Betrugsvorwürfen hatte es bereits bei den Kommunalwahlen 2008 und den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2011 gegeben. Auf der anderen Seite bestätigten repräsentative Umfragen jedoch stets eine hohe Zustimmung für die FSLN.

Hintergrund der Boykott-Kampagne war die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Juni dieses Jahres, Raúl Reyes Vallejos die Kontrolle der Oppositionspartei PLI zuzusprechen. Die politische Fraktion um die bei den letzten beiden Wahlen zweitplatzierten Eduardo Montealegre (2006) und Fabio Gadea (2011) sowie das Movimiento Renovador Sandinista (MRS) erkannten Reyes nicht als rechtlichen Vertreter der Partei an und werteten die Entscheidung des Gerichtshofs als Ausschluss "der Opposition" von den Wahlen. Auf Antrag von Reyes wurden die PLI-Abgeordneten, die das Urteil nicht anerkannten, schließlich aus dem Parlament ausgeschlossen. Auch in deutschen Medien war davon die Rede, dass Ortega die Opposition mit juristischen Mitteln behindert habe. Allerdings ging es um einen Rechtsstreit, der bereits vor den Wahlen 2011 begonnen hatte und bei dem die unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der PLI nicht zuletzt wegen der Weigerung Montealegres nicht zu einer außergerichtlichen Einigung gelangt waren. Der PLI war es auch unter Führung Montealegres kaum gelungen, Wähler an sich zu binden. Zwar hatte die PLI mit Fabio Gadea im Jahr 2011 rund 31 Prozent der Stimmen erreicht, lag in neueren Umfragen aber meist bei unter fünf Prozent und damit noch hinter der PLC.

Kritik an den Wahlen in Nicaragua übte auch das US-Außenministerium. Es sei nicht möglich gewesen, freie und faire Wahlen durchzuführen, sagte Außenamtssprecher Mark Toner. Auch die Entscheidung, keine internationalen Wahlbeobachter einzuladen, habe die Legitimität des Prozesses untergraben. Die US-Regierung werde weiter Druck auf die Regierung Ortega ausüben und auf demokratische Verfahren, Pressefreiheit und Menschenrechte entsprechend der Demokratiecharta der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu drängen. Diese ist von den USA selbst allerdings nie ratifiziert worden. Der Oberste Wahlrat hatte lediglich Wahlbegleiter zu dem Urnengang eingeladen. Seit Oktober befindet sich Nicaraguas Regierung in einem Dialog mit der OAS, die ebenfalls eine Delegation zu den Wahlen entsandte.

Glückwünsche für Ortega und die FSLN zum Wahlsieg kamen dagegen von den Mitgliedsländern der linksgerichteten Bolivarischen Allianz (Alba).

Die Ursachen für den Erfolg der FSLN werden von ihren Kritikern im In- und Ausland kaum analysiert. Hierzu gehört die starke Verankerung der Partei in der Bevölkerung, die positive wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre, soziale Projekte und Verbesserungen in der Infrastruktur und Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung. Die Bündnispolitik Ortegas bindet zudem weiterhin die Gewerkschaften an die Regierung, gleichzeitig gelang es bisher, das Unternehmerlager von einer Konfrontation mit der Regierung abzuhalten. Es ist nicht abzustreiten, dass sandinistische und staatliche Medien massiv für die FSLN werben und die Vermischung von Staat und Partei heute noch deutlich offener praktiziert wird als von den rechten Vorgängerregierungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine unabhängigen oder auch offen oppositionelle Medien gibt.

Für die übergroße Mehrheit der Nicaraguaner stehen die Bekämpfung von Armut und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Mittelpunkt ihrer politischen Prioritäten. Hier trauen sie der FSLN weiterhin mehr zu als der rechten Opposition.

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