Kolumbien / Politik

Verhandlungen über Änderungsvorschläge am Friedensabkommen für Kolumbien

"Alternativen und Vorschläge" zum Friedensvertrag betreffen die Agrarreform, die Übergangsjustiz und die politische Beteiligung entwaffneter Farc-Mitglieder

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Verhandeln wieder: Delegierte der Farc und der Regierung Santos in Havanna
Verhandeln wieder: Delegierte der Farc und der Regierung Santos in Havanna

Havanna. Die Änderungsvorschläge der Gegner des Friedensabkommens zwischen der Regierung und den Revolutionären Streikkräften Kolumbiens (Farc) werden jetzt von den Verhandlungsdelegationen in der kubanischen Hauptstadt Havanna diskutiert. Das "Dokument von Vorschlägen und Alternativen" ist das Ergebnis der Diskussion, die Regierungsvertreter mit der vom Ex-Präsidenten und jetzigen Senator Alvaro Uribe Vélez angeführten Opposition geführt haben. Ziel sei, zu einem "handfesten Abkommen mit einem größeren Rückhalt in der Bevölkerung zu gelangen", sagte Präsident Juan Manuel Santos in einer Fernsehansprache.

Die Änderungsvorschläge am Friedensabkommen betreffen die Agrarreform, die Übergangsjustiz sowie die politische Partizipation der entwaffneten Guerilleros.

In den Änderungen zur Agrarreform "wird das Recht auf Privateigentum gestärkt, um zukünftige Konflikte um Land zu verhindern", erklärte Santos. Konkret heißt es in dem Vorschlag, dass Landbesitzer, die informell sehr günstig Land in Regionen erwarben, aus denen bekanntermaßen Menschen vertrieben worden sind, nicht rechtswidrig gehandelt hätten.

An den Diskussionen mit der Regierung nahmen überwiegend Spitzenpolitiker der Partei Centro Democrático teil, wie die Senatoren Uribe und Ivan Duque, der ehemalige Generalstaatsanwalt Alejandro Ordóñez, der Ex-Präsidentschaftskandidat Oscar Iván Zulúaga sowie sein Vizepräsidentschaftskandidat Carlos Holmes Trujillo. Vertreter der Opfer, Militärs, Unternehmer und Kirchen waren ebenfalls beteiligt.

Für Änderungen bei der Übergangsjustiz wurde der Rat des Obersten Gerichtshofs und des Staatsrates herangezogen. Daraus folgte ein Vorschlag zur partiellen Umgestaltung des Sondergerichts für den Frieden. Die Unabhängigkeit des Gerichts, das den Farc-Mitgliedern juristische Sicherheit garantieren sollte, ist darin abgeschafft und die juristischen Prozesse werden der normalen Justiz zugeordnet. Internationale Persönlichkeiten sollen als Richter des Sondergerichts für den Frieden ausgeschlossen und eine zeitliche Frist für seine Arbeit festgelegt werden.

Die Kritik der Opposition an den im Vertrag vorgesehenen Strafen der Kämpfer dominierte die Diskussionen über das Friedensabkommen. Bekannt ist die Forderung nach höheren Gefängnisstrafen für Menschenrechtsverletzungen, aber auch für andere Straftaten, die den bewaffneten Aufstand der Farc finanziert haben und zum Teil unter Amnestie hätte fallen sollen, wie der Drogenhandel. Analysten gehen davon aus, dass die Guerilla in diesem Punkt nicht nachgeben wird und Strafen in den Nachverhandlungen nur spezifiziert werden können.

Ein weiterer Punkt ist die Ablehnung eines wahlunabhängigen Einzuges ehemaliger Farc-Befehlshaber in das Parlament. Laut einem Bericht der Zeitschrift Semana schränken die Änderungsvorschläge der Opposition zudem die politischen Szenarien ein, in der eine nach der Entwaffnung der Guerilleros gegründete Partei mitwirken könnte. Die Reformierung des Wahlsystems beispielsweise soll ohne die Guerilla im Kongress diskutiert werden.

Unterdessen hat am 7. November die Beobachtung der Waffenruhe durch die Vereinten Nationen (UN) begonnen. Die Guerilleros werden sich nicht in den geplanten Territorien für die Entwaffnung sammeln, sondern in Übergangszonen einfinden. "Der große Unterschied ist, dass es keine andauernde Präsenz der UN, sondern punktuelle Besuche geben wird", sagte General Javier Pérez Aquino, Chef der internationalen Beobachtermission in Kolumbien. Konteradmiral Orlando Romero Reyes versicherte, dass die kolumbianischen Streikkräfte für die Sicherheit sorgen werden: "Wir haben langjährige Erfahrung im Kampf mit illegalen Organisationen und haben bereits einen Plan für die Festigung und Stabilisierung der Gebiete, aus denen sich die Farc komplett zurückziehen werden. Die Streikkräfte werden da sein und die Sicherheit der Zivilbevölkerung garantieren."

Der Aussage von Reyes steht allerdings die lange Geschichte von Klagen über Menschenrechtsverletzungen und "Falsos positivos" durch die Streiträfte entgegen, wie die Tötung unschuldiger Zivilisten genannt wird, die als im Kampf gefallene Partisanen präsentiert wurden. Wie Dario Azzellini, Politikwissenschaftler und Kolumbien-Kenner ausführt, ist das Militär des Landes "für extralegale Hinrichtungen, Folter, Krieg gegen die Zivilbevölkerung und Verschwindenlassen bekannt." Mit der Unterstützung von transnationalen Konzernen, Drogenhändlern, Großgrundbesitzern und der CIA half das Militär außerdem seit den 1980er Jahren, paramilitärische Gruppen aufzubauen, erklärte Azzellini.

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