CIA-Dokumente belegen führende Rolle der USA bei Verbrechen von Militärdiktaturen

US-Regierung gibt Geheimdokumente über Verfolgung der Opposition frei. Aktionen zum "aufspüren und liquidieren" unter Präsident Jimmy Carter

usa_akten_geheimdienst_argentinien_diktatur_militaerdiktatur_videla_operation_condor_jimmy_carter_folter_cia.jpg

Argentiniens Militärdiktator Jorge Videla (1976-1981): Unter seiner Herrschaft wurde gefoltert und gemordet
Argentiniens Militärdiktator Jorge Videla (1976-1981): Unter seiner Herrschaft wurde gefoltert und gemordet

Washington. Die US-Regierung von Präsident Barack Obama hat bislang geheime CIA-Dokumente aus den 70er und 80er Jahren freigegeben, die eine damals führende Rolle der USA bei der politischen Verfolgung in Südamerika belegen. Demnach sandte der Auslandsgeheimdienst CIA unter dem damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter Agenten nach Südamerika, um die Ermordung von Akteuren der linksgerichteten Opposition zu ermöglichen. Im Visier standen demnach auch Menschenrechtsaktivisten und Unterstützergruppen in Europa, berichtet die Forschungseinrichtung Nationales Sicherheitsarchiv an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt.

Der vormals geheime CIA-Bericht ist Teil einer 500 Seiten starken Dokumentation über die Verfolgung von Widerstandaktivisten während der Militärdiktaturen in Südamerika. Die Dokumente sind zum Teil geschwärzt. Dennoch lassen sie darauf schließen, dass die damalige grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Diktaturen Südamerikas von den USA geplant und durchgesetzt wurde. Mit Hilfe von US-Trainingskommandos waren dafür Mitglieder der südlichen Geheimdienste, der Polizei und des Militärs ausgebildet worden. Ihre regional koordinierte Zusammenarbeit wurde von den USA logistisch mit aufgebaut. Im Rahmen dieses Programms hatten südamerikanische Diktaturen grenzüberschreitend Jagd auf Demokratieaktivisten gemacht.

Als "Target", also als militärisches Angriffsziel, galten sowohl Führungspersönlichkeiten politischer Parteien der Opposition gegen die Regime, Gewerkschafter, kritische Künstler und Menschenrechtsaktivisten. Selbst Vertreter von Amnesty International standen laut Bericht auf der Abschussliste. Sie alle sollten "aufgespürt" und "liquidiert" werden.

Doch nicht nur in Lateinamerika, auch in Europa, besonders in Paris und London, sollten ins Exil geflüchtete Menschen verfolgt werden. In den Dokumenten wird dem US-Präsidenten vorgeschlagen, dafür als Geschäftsleute getarnte CIA-Beamte über London nach Europa einreisen zu lassen. Ihre Hauptaufgabe würde es sein, "verdächtige Aktionen" zu beobachten, und Daten über Mitglieder, politische Aktivitäten und Standorte von Menschenrechtsgruppen zu sammeln. Deren mögliche "sozialistische und marxistische" Verbindungen sollten herausgefunden werden. Auch kirchliche Organisationen und Dritte-Welt-Gruppen wurden von der CIA beobachtet.

In einem der Dokumente aus dem US-Außenministerium für Geheimdienstaktivitäten wird auf die Verbindung nach Frankreich hingewiesen. Aus der Depesche geht hervor, dass "sechs Nationen Südamerikas", die an der Operation Condor beteiligen waren, mit der "Liquidierung" von "lateinamerikanischen Zielen" in Frankreich einverstanden waren. Damit wird nun erstmals der geheimdienstliche Hintergrund von damaligen Mordanschlägen auf uruguayische Oppositionelle in Frankreich deutlich.

Unter den Dokumenten sticht eines vom 28. August 1978 besonders hervor. Unter dem irreführenden Titel "Menschenrechte in Argentinien" werden darin die Foltermethoden an dem damaligen Präsidenten der argentinischen Ständigen Versammlung für Menschenrechte, Alfredo Bravo, im Detail geschildert. Elektroschocks und vieles mehr wurden dem damaligen US-Präsidenten berichtet.

Die derzeitige US-Regierung unter Obama hatte am 8. August ein erstes Aktenkonvolut nach Argentinien geschickt. Sie stammen aus den Archiven der Jimmy-Carter-Präsidenten-Bibliothek und machen deutlich, dass der damalige Amtsinhaber und spätere Friedensnobelpreisträger (2002) über alle Maßnahmen seiner Geheimdienste informiert war.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link