Bolivien / Politik

Verfassungsgericht in Bolivien entscheidet über Wiederwahl von Evo Morales

Regierungspartei MAS will Streit höchstinstanzlich klären lassen. Referendum sei nur auf Basis von Manipulation entschieden worden

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Vizepräsident García Linera, Präsident Evo Morales (v.l.n.r.)
Vizepräsident García Linera, Präsident Evo Morales (v.l.n.r.)

La Paz. Der neu gewählte Parteivorstand der bolivianischen Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) hat auf seiner ersten Sitzung am 22. Dezember 2016 beschlossen, das Verfassungsgericht über die Annullierung des Referendums vom Februar wegen der Verbreitung von Falschmeldungen entscheiden zu lassen. Bei der Volksbefragung hatten sich 51,3 Prozent der Wähler gegen eine Verfassungsänderung ausgesprochen, die Präsident Evo Morales eine erneute Kandidatur von 2020 bis 2025 gewähren würde. In Artikel 168 der bolivianischen Verfassung ist lediglich eine einmalige Wiederwahl der Exekutive erlaubt. Eine Woche zuvor hatte der MAS-Parteikongress Morales als Präsidentschaftskandidaten bereits drei Jahre vor der Wahl nominiert und vier mögliche Alternativen zur Ermöglichung der Wiederwahl ihres Präsidenten vorgelegt.

Rodolfo Machaca, Bauernführer und Mitglied des Parteivorstands der MAS, begründete die Entscheidung: "Bolivien ist Opfer einer großen Lüge geworden. Früher oder später werden wir, die sozialen Bewegungen, vom Verfassungsgericht Gerechtigkeit und die Aufhebung dieses Referendums fordern. Bolivien kann nicht durch Lügen regiert werden. Deshalb beharren wir auf der Suche nach einem Weg, wie wir als Land voranschreiten."

Die Bevölkerung, so Machaca, sei durch eine gezielte Desinformations- und Verleumdungskampagne rechtsgerichteter Parteien und Gruppierungen gegen den amtierenden Präsidenten manipuliert worden. So sei im Vorfeld des Referendums im Fernsehen über ein verstorbenes Kind von Morales und seiner ehemaligen Lebensgefährtin Gabriela Zapata berichtet worden. Zugleich wurde ein Zusammenhang zu staatlichen Aufträgen hergestellt, die ohne öffentliche Ausschreibung an den transnationalen Konzern CAMC mit Sitz in China vergeben wurden. Zapata arbeitet bei der Firma als Vertriebsleiterin. Die Existenz des Kindes konnte jedoch nie verifiziert werden und der Vorwurf der Vorteilsgewährung wurde von einer parlamentarischen Untersuchungskommission zurückgewiesen.

Morales machte unterdessen Druck auf die Wahlbehörde Boliviens: "Hören Sie mir gut zu: Wenn ich Präsident des Obersten Wahlgerichts wäre (…), hätte ich das offizielle Referendum vom 21. Februar für ungültig erklärt, da nicht die Rechte an sich, sondern die Lüge gewonnen hat. Die Rechte hat nur durch eine Lügenkampagne gewonnen."

Oppositionelle Kreise treten dieser Auffassung entschieden entgegen und erklären den Ausgang des Referendums für verbindlich. Vertreter der Partei Demokratische Einheit (Unidad Demócrata) empörten sich über die Entscheidung der MAS und bezeichneten sie als "illegal und verfassungswidrig". Daran zeige sich die Verzweiflung der Regierungspartei, um eine erneute Kandidatur von Morales auf den Weg zu bringen. Der ehemalige Sprecher des Wahlgerichts, Jorge Lazarte, unterstützt diese Position, weil eine Annullierung des Referendums nach zehn Monaten jeglicher Grundlage entbehre.

Der aktuelle Verfassungsrichter Ruddy Flores äußerte sich ebenfalls ablehnend gegenüber dem Vorhaben der MAS: "Man kann keine Verfassungsänderung mehr mit demselben Inhalt fordern (…), weil dazu bereits ein Urteilsspruch des Verfassungsgerichts und Bestimmungen im Wahlgesetz in Bezug auf den verbindlichen Charakter der Ergebnisse des Referendums existieren." Damit könne sich das Verfassungsgericht nicht noch einmal mit derselben Petition zur Verfassungsmäßigkeit der Frage im Referendum zur Wiederwahl aus dem vergangenen Jahr befassen. Er schließt damit eine erneute Volksabstimmung zur Reform des Verfassungsartikels 168 aus. In Artikel 2 des Wahlgesetzes ist festgeschrieben, dass "Schritte und Ergebnisse von Wahlen, Volksbefragungen und Abberufungsreferenden weder revidiert noch wiederholt werden." Dem hält der bolivianische Vizepräsident García Linera entgegen, dass es keinen Verfassungsartikel gebe, der ein erneutes Referendum zur selben Frage verbiete. Demnach könne im Jahr 2017 sehr wohl eine wiederholte Volksbefragung zur Kandidatur des aktuellen Präsidenten in 2019 stattfinden.

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