Argentinien vor Milliardendeal für US-Waffen – trotz heftiger Sozialkürzungen

Regierung von Argentinien will aufrüsten. Parlament über Rüstungsgeschäfte nicht informiert, Kosten in Haushaltsplan verschwiegen. Strafanzeigen gegen Verantwortliche

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Alter Panzer als Denkmal in Buenos Aires, Argentinien
Alter Panzer als Denkmal in Buenos Aires, Argentinien. Nun sollen Milliarden in neue Waffen fließen – aus den USA

Buenos Aires. In Argentinien sorgt ein offenbar verdeckt gehaltener Rüstungsdeal der Regierung von Präsident Mauricio Macri mit den USA derzeit für Furore. Am 26. März zeigte die Fernsehsendung "El Destape" (Die Enthüllung) einen Brief des argentinischen Botschafters in Washington an den US-Abgeordneten Peter Visclosky von der Demokratischen Partei. In dem Schreiben geht es um den Erwerb von US-Kriegswaffen in großem Umfang, die in einer Liste im Anhang des Briefes aufgeführt sind. Die Kosten belaufen sich auf rund zwei Milliarden US-Dollar. Der Botschafter drängte in dem Schreiben darauf, die Transaktion schneller abzuwickeln. Die Bezahlung würde über Kredite erfolgen.

Senator Visclosky ist Mitglied des Unterausschusses für Verteidigung des Haushaltsausschusses im US-Abgeordnetenhaus. Dieses Gremium ist auch für das Schenkungsprogramm von ausrangierten Waffen der US-Armee zuständig. Die Abgeordneten Eduardo Amadeo und Luciano Laspina der Regierungspartei "Cambiemos" führten mit dem Senator in Washington Gespräche über den Waffendeal.

Ebenfalls im März war eine Gruppe ranghoher Militärs der argentinischen Luftwaffe zusammen mit Walter Ceballos, dem Verantwortlichen für Logistik im Verteidigungsministerium der Regierung Macri, in die USA gereist, um vor Ort die Waffensysteme kennenzulernen. Sie besuchten auch diverse Rüstungsfirmen.

Die Aktivitäten zwischen Buenos Aires und Washington fanden unter Ausschluss der parlamentarischen Öffentlichkeit statt, so der Vorwurf der Opposition. Mehrere Abgeordnete der "Frente para la Victoria" (FPV) haben Strafanzeigen gegen ranghohe Regierungsbeamte und Präsident Macri selbst gestellt.

Verteidigungsminister Julio César Martínez, Ministerpräsident Marcos Peña, der Botschafter Argentiniens in Washington, Martín Lousteau, und die Abgeordneten Eduardo Amadeo sowie Luciano Laspina werden nun den Vorgang vor Gericht klären müssen. Die argentinische Verfassung sieht vor, dass Waffentransaktionen vom Parlament zu genehmigen sind, die daran beteiligten Personen benötigen eine entsprechende Erlaubnis. Die Mittel dafür müssen in der Haushaltsdebatte verabschiedet werden.

Die Regierung Macri hat das anvisierte Waffengeschäft zwar nicht bestritten, doch der Verteidigungsminister Julio César Martínez erklärte am 30. März, dass bislang noch keine Rüstungsgüter gekauft worden seien. Man wollte vielmehr in den USA recherchieren, ob die in der Liste aufgeführten Waffen in den USA zu haben sind, und zu welchem Preis. Auch andere Anbieter würden in Betracht gezogen. Andererseits räumte er ein, dass bereits zwölf Kampfflugzeuge gekauft wurden. Auch sei Argentinien damit befasst, mit den USA eine militärische Zusammenarbeit zu prüfen.

Der Verteidigungsminister rechtfertigte die Initiative mit der "geopolitischen Sicherheitslage" und dem "Kampf gegen den Terrorismus". Doch der Bestellschein enthält Kriegswaffen. Kampfhubschrauber, Jagdflieger, Bomber, Panzer, Granatwerfer, Kanonen, Mittel- und Langstreckenraketen. Bislang ist in Südamerika kein konventioneller Krieg in Aussicht. Seit 40 Jahren, seit dem Malwinen-Krieg mit Großbritannien, hat Argentinien keine vergleichbaren Rüstungsmaßnahmen ergriffen.

Von offizieller Seite gab es wenige Tage später eine neue Darstellung: Die argentinische Regierung sei dabei, die Waffen im Rahmen des US-Schenkungsprogramms für ausrangiertes Kriegsmaterial zu beantragen. Man wolle damit die Grenzen sichern und den Drogenhandel bekämpfen.

Das Vorgehen der argentinischen Regierung missachtet zumindest das Konzept des Südamerikanischen Verteidigungsrates, den alle südamerikanischen Staaten 2008 in Brasilien gegründet haben. Man wollte eine gemeinsame Verteidigungsstrategie entwickeln und den Kontinent als Friedenszone absichern, hieß es damals.

Die geplanten Ausgaben für Kriegswaffen stehen jedoch auch im krassen Gegensatz zu den harten Sparmaßnahmen, die Präsident Macri seit seiner Amtsübernahme vor rund eineinhalb Jahren in Gang gesetzt hat. Dazu gehörten Massenentlassungen im öffentlichen und privaten Bereich und drastische Erhöhungen der Tarife bei Wasser, Strom, Gas, öffentlichem Transport sowie die Streichungen im Bereich der Sozial- und Bildungspolitik. Die Armut ist dadurch auf rund ein Drittel der Bevölkerung angewachsen.

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