Argentinien / Politik

Bundesrichter in Argentinien für "Verfolgung" von Ex-Präsidentin Fernández

Anklage gegen Cristina Fernández de Kirchner und Umfeld wegen "Bildung einer illegalen Vereinigung". Durchsuchungen brachten keine Beweise

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Cristina Fernández de Kirchner bei einer Veranstaltung in Argentinien
Cristina Fernández de Kirchner bei einer Veranstaltung mit Wirtschaftsexperten am 4. April. Rechts von ihr der frühere Wirtschaftsminister von Argentinien, Axel Kicillof

Buenos Aires. In Argentinien hat der Bundesrichter Claudio Bonadío eine Anklage gegen die ehemalige Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner und 20 weitere Personen wegen "Bildung einer illegalen Vereinigung" und Geldwäsche erhoben. Zudem wurde Fernández de Kirchner mit einer Vermögenspfändung von rund 8,5 Millionen US-Dollar belegt. Sie darf das Land bis auf Weiteres nicht verlassen. Unter den Angeklagten befinden sich neben dem Sohn und der Tochter des Ehepaars Kirchner auch die beiden Unternehmer Lázaro Báez und Cristóbal López.

Zeitgleich zur Anklageerhebung gab Bonadío, der in den letzten beiden Jahren die Untersuchungen geleitet hatte, den Fall an seinen Kollegen Juan Ercolini ab. In dessen Verantwortung liegen die Ermittlungen in einem gleich gelagerten Fall namens "Hotesur".

"Los Sauces" und "Hotesur" sind die beiden Gesellschaften, mit denen die Familie Kirchner die in ihrem Privatbesitz befindlichen Immobilien verwertet. Die Hypothese der Anklage ist, dass beide Gesellschaften für die Legalisierung von Bestechungsgeldern benutzt wurden. Laut Anklage sollen die Bauunternehmer Báez und López als Gegenleistung für illegal vergebene öffentliche Bauaufträge fiktive oder erhöhte Mieten für die Immobilien der Präsidentenfamilie gezahlt haben.

Ursprünglich waren sämtliche Ermittlungen in einem einzigen Verfahren zum Komplex "Hotesur" zusammengefasst. Bonadío war der zuständige Richter. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Verfahren, das vor allem die Rechte der Verteidigung außer Acht ließ, wurde Bonadío der Fall entzogen und Ercolini übergeben. Bonadío drängte daraufhin auf die Herauslösung des Falles "Los Sauces" aus dem Hotesur-Komplex, was ihm im Jahr 2015 gelang. In den 40 von ihm angeordneten Hausdurchsuchungen und sonstigen Beweisaufnahmen kamen jedoch keinerlei Hinweise auf fiktive oder erhöhte Mieten zutage. Sämtliche Zahlungen seien zudem offiziell abgewickelt und gebührend versteuert worden. Ebenso konnten keinerlei Auslandskonten oder Offshore-Beteiligungen der Kirchners identifiziert werden.

Trotz des Mangels an Beweisen hielt Bonadío in seiner 392-seitigen Anklageschrift an den Vorwürfen gegen die Beschuldigten fest. Die Anwälte von Fernández de Kirchner hatten bereits im Jahr 2015 gegen die Herauslösung des Falles "Los Sauces" aus dem Komplex Hotesur und dessen erneute Vergabe an den Richter Bonadío Einspruch eingelegt. Aus der Sicht der Verteidigung handelte es sich dabei um ein politisches und mediales Manöver zur Diskreditierung der Ex-Präsidentin. Die von Bonadío veranlassten Hausdurchsuchungen waren stets von intensiver Berichterstattung in den hegemonialen Medien des Landes begleitet. Dass nun Bonadío selbst seine Nicht-Zuständigkeit erklärte und den Fall wieder abgebe, würde diese Einschätzung untermauern.

Als pikantes Detail am Rande interpretieren Kommentatoren die Tatsache, dass Bonadío in der Urteilsschrift wörtlich von der "weiteren Verfolgung" der Ex-Präsidentin durch den Richter Ercolini spricht. Die Verteidigung vertritt die Ansicht, dass das Urteil eines nicht-zuständigen Richters als nichtig zu werten ist. Angesichts der "politisch-juridisch-medialen Allianz gegen die Vorgängerregierung", so der Journalist Raúl Kollmann, sei es dennoch unwahrscheinlich, dass der Fall ad acta gelegt wird.

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