Polizeigewalt gegen indigene Proteste in Brasilien

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Indigene Frau vor Angehörigen der Militärpolizei
Indigene Demonstrantin beim symbolischen Akt vor dem Kongress von Brasilien

Brasília. In der brasilianischen Hauptstadt hat vergangene Woche die größte indigene Versammlung der letzten Jahre stattgefunden, in deren Rahmen indigene Gruppen aktuelle Probleme diskutierten und Kontakte zu Politikern suchten. Begleitet wurde das Treffen von zahlreichen Protesten gegen Landraub und die Politik des De-facto-Präsidenten Michel Temer. Am Dienstagabend beendete die Militärpolizei eine Demonstration vor dem Kongress mit Tränengas, Rauchbomben und Gummigeschossen.

Die Protestierenden hatten zuvor 200 Särge in einem symbolischen Akt vor dem Parlament zu Wasser gelassen. Sie sollten an die Verstobenen erinnern, die während der zahlreichen Landkonflikte der letzten Jahrzehnte umkamen. Die Militärpolizei ging massiv gegen die Demonstranten vor und verlautbarte später, das Unterdrücken des Protests sollte die zum Teil mit Pfeil und Bogen bewaffneten Indigenen am Eindringen in den Kongress hindern. Einige Teilnehmer wurden dabei verletzt.

Hintergrund der Proteste war das jährliche Treffen der sozialen Bewegung Acampamento Terra Livre (ATL). Sie hatte zu einer viertägigen Zusammenkunft aufgerufen, die Märsche, Anhörungen, Debatten und kulturelle Aktivitäten beinhaltete. Dafür versammelten sich verschiedene indigene Gemeinschaften Brasiliens und deren Oberhäupter in der Hauptstadt, um gegen die Politik der aktuellen Regierung zu demonstrieren. Sie beteiligten sich auch in hoher Zahl am Generalstreik vom vergangenen Freitag.

Im Fokus der diesjährigen Versammlung stand vor allem die geplante Schwächung der Nationalen Behörde für Indigene Angelegenheiten (FUNAI). Diese ist damit beauftragt, Politiken für indigene Gemeinschaften zu formulieren und die Demarkierungsprozesse ihrer Territorien zu koordinieren. Gerade die sich momentan im Stillstand befindlichen Demarkierungen ihres Landes und die damit verbundene Rechtsunsicherheit sei die Quelle vieler Konflikte in ihren Heimatterritorien, so die Indigenen bei einem Treffen mit Regierungsfunktionären.

In einem Gespräch am Donnerstag mit der Richterin am obersten Gerichtshof, Rosa Weber, verdeutlichten die Indigenen ihren Standpunkt. "Aufgrund der ausbleibenden Markierung unseres Landes leben wir im Bundesstaat Mato Grosso do Sul unter sehr schwierigen Umständen. Wir müssen mit Gewalt und Massakern leben und werden von unserem Land vertrieben", so ein Angehöriger des Guarani-Volkes. Daran seien die nur temporären Regelungen der Regierung Schuld, die nicht ordnungsgemäß als Gesetz verabschiedet worden seien.

Mit einer geschätzten Teilnehmerzahl von fast 2.000 Indigenen war es eine der größten Versammlungen der vergangenen Jahre. Seit 2004 veranstaltet die ATL ein jährliches Treffen in der Hauptstadt, um auf die Probleme indigener Gruppen im ganzen Land aufmerksam zu machen und in Kontakt mit Politikern zu treten. Neben den Demarkierungen ihrer Territorien stand dieses Jahr auch die Kriminalisierung sowie die Bildungs- und Gesundheitssituation der Indigenen im Fokus der Debatten und Proteste.

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