Proteste in Venezuela zunehmend gewalttätig, Regierung weiter zum Dialog bereit

MUD setzt Demonstrationen fort. Regierungsgegner bombardieren Polizei mit Exkrementen. Präsident mahnt Sicherheitskräfte, sich nicht provozieren zu lassen

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Demonstranten in Caracas verschießen Glasbomben, die mit Exkrementen gefüllt sind
Demonstranten in Caracas verschießen Glasbomben, die mit Exkrementen gefüllt sind

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat die Opposition des Landes erneut zum Dialog aufgerufen und vor einer weiteren Eskalation der Gewalt gewarnt. In den vergangenen Tagen wurde wiederholt über Todesfälle bei Protesten durch selbst hergestellte Schusswaffen und Munition sowie vermehrte Angriffe auf staatliche Einrichtungen und gezielte Attacken gegen die Sicherheitskräfte berichtet. Im Bundesstaat Táchira wurden innerhab weniger Tage zweimal mit Benzin gefüllte Tanklaster des staatlichen Ölkonzerns PDVSA gestoppt und angezündet. Zudem sind Regierungsgegner dazu übergegangen, Polizisten und Nationalgardisten mit Exkrementen zu bewerfen.

Angesichts dessen rief Maduro die Beamten auf, sich nicht provozieren zu lassen und geltende Gesetze einzuhalten. Er toleriere keinerlei Missbrauch, gegen alle diesbezüglich Beschuldigten werde ermittelt. Der Präsident gab zudem bekannt, dass er den Einsatz von Gummigeschossen untersagt habe, bei Demonstrationen würden ausschließlich Wasserwerfer und Tränengas "gemäß nationalem und internationalem Recht" angewandt.

Eine der jüngsten Methoden der Proteste in Venezuela sind Glasbomben, die mit aufgeweichten Exkrementen gefüllt sind. Die als Puputov bezeichneten Behälter – "Pupu" bezeichnet im venezolanischen Spanisch umgangssprachlich Kot – werden in der Regel von Drei-Mann-Kommandos auf die Polizei gefeuert: Zwei Mann spannen schwere Gummiseile, während der Schütze in der Mitte die Ladung spannt und abfeuert. Während es in der Opposition durchaus auch Kritik an dem Vorgehen gibt, verteidigte der sozialdemokratische Abgeordnete Henry Ramos Allup ihren Einsatz: Er richte sich gegen "entmenschlichte Militärs, Feiglinge und Mörder", kommentierte Allup über den Kurznachrichtendienst Twitter: "Sie sind dreckiger und stinkender als die Exkremente, die sie mit dem Volkszorn überkommen."

Im Zuge der Proteste venezolanischer Regierungsgegner in Europa ist es in Madrid zu einem Zwischenfall gekommen. Oppositionelle Demonstranten und Vertreter der spanischen Rechten versammelten sich am Donnerstag vor dem Kulturzentrum der dortigen Botschaft Veneuelas, um eine Veranstaltung zu sabotieren. Nach Berichten von Augenzeugen wurden Gäste und Pressevertreter attackiert, die Stimmung sei aggressiv gewesen. In dem Kulturzentrum hatte eine Veranstaltung mit einer Organisation von Angehörigen der Opfer gewalttätiger Proteste in Venezuela stattgefunden. Die Demonstranten beschimpften die Teilnehmer und skandierten nach Angaben des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur unter anderem den Namen des faschistischen Ex-Diktators (1936-1975) von Spanien, Francisco Franco. Diese Darstellung wurde von der konservativen spanischen Presse jedoch zurückgewiesen. Dort hieß es, die Protestteilnehmer hätten "Nacos!" (Drogenhändler) gerufen.

Venezuelas Botschafter in Madrid, Mario Isea, sprach von einem "Kidnapping" der Veranstaltungsteilnehmer, die zeitweise in den Räumen gefangen waren. Die spanische Linkspartei Izquierda Unida (Vereinigte Linke) forderte von der spanischen Regierung angesichts des Angriffs auf eine diplomatische Vertretung personelle Konsequenzen. In Galizien haben Regierungsgegner am Samstag dazu aufgerufen, "sich zu organisieren" und eine Diskussionsveranstaltung des venezolanischen Konsulats am 25. Mai in Vigo zur aktuellen Lage im Land zu "sabotieren".

Venezuelas Botschafter in Italien, Isaías Rodríguez, berichtete am Freitag, dass Angehörige der Opposition in das Bürohaus in Rom eingedrungen seien, in dem auch die diplomatische Vertretung ihre Räume hat, und Papier und Fahnen verbrannten.

Die Vorfälle ereigneten sich wenige Tage nachdem amerika21 über ähnliche geplante Aktionen von venezolanischen Regierungsgegnern in Berlin berichtet hatte. In sozialen Netzwerken kursierten Aufrufe, eine von der venezolanischen Botschaft mitorganisierte Vorführung eines Spielfilms im spanischen Kulturinstitut für politische Proteste zu nutzen. "Diese Vorführung muss entschieden sabotiert werden", schreibt die Userin Rosa E., die auch Videos des ehemaligen chilenischen Diktators Augusto Pinochet verbreitet. Die Filmvorführung wurde von der Botschaft selbst abgesagt.

Im Internet tauchte inzwischen Propaganda von Neonazis auf, die auf Seiten der Opposition kämpfen. Eine entsprechende Fotoseite selbsternannter "National-Revolutionäre" zeigt Demonstranten mit Nazi-Runen und faschistischer Symbolik. Die Gegner der linksgerichteten Regierung in Venezuela müssten sich in "nationalistischen, aufständischen Zellen und schlagkräftigen Gruppen zusammenschließen und sich aus eigenen Stücken indoktrinieren, um auf der Straße für das neue Venezuela zu kämpfen", heißt es auf einer entsprechenden Seite.

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