Venezuela / Politik

Verfassungskonvent in Venezuela startet mit kontroversen Entscheidungen

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Führende Vertreter der verfassunggebenden Versammlung in Venezuela mit Bild von Ex-Präsident (1999-2013) Hugo Chávez
Führende Vertreter der verfassunggebenden Versammlung in Venezuela mit Bild von Ex-Präsident (1999-2013) Hugo Chávez

Caracas. In Venezuela ist am Freitag die verfassunggebende Versammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Das Gremium war am vergangenen Sonntag trotz heftiger Kritik der Opposition und ausländischer Regierungen gewählt worden. Als Präsidentin wurde die ehemalige Außenministerin Delcy Rodríguez gewählt. Entgegen ursprünglichen Planungen fand die Verfassungsversammlung nicht im Plenum des Parlaments statt, sondern in einem anderen Saal der Nationalversammlung. Bei einer Ausrichtung der Konstituierung im Plenum hätte das oppositionell regierte Parlament weichen müssen, was zu einem neuen Konflikt hätte führen können. Als erster Vizepräsident wurde der chavistische Politiker Aristóbulo Istúriz gewählt, sein Vertreter wurde der ehemalige Generalstaatsanwalt Isaías Rodríguez.

Die "Nationale Verfassunggebende Versammlung" (ANC) nahm am Samstag ihre Arbeit auf. Eines der ersten Themen war die Gründung einer Wahrheitskommission, die unter anderem die Umstände der andauernden Proteste aufklären soll, die das südamerikanische Land seit Anfang April erschüttern und über 100 Menschen das Leben gekostet haben. "Dank (Ex-Präsident) Hugo Chávez konnte diese verfassunggebende Versammlung initiiert werden", sagte Ex-Außenministerin Rodríguez. Dank gebühre auch der geltenden Verfassung und dem amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro, so Rodríguez weiter.

Das oppositionelle Parteienbündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) hatte die Wahl des Verfassungskonvents boykottiert und erkennt das Gremium nicht  an. Auch die EU, die USA und lateinamerikanische Länder mit rechtsgerichteten Regierungen kritisierten die Abstimmung.

Nach Darstellung regierungsnaher Medien hatte ein Demonstrationsaufruf der Opposition wenig Erfolg. Der "Marsch auf die Nationalversammlung" sei lediglich eine kleine Demonstration vermummter Regierungsgegner gewesen, die den wohlhabenden Stadtteil Altamira im Osten von Caracas nicht verlassen hätten, heißt es bei dem Nachrichtenportal aporrea.org, das zudem über zunehmende Differenzen im Oppositionslager bezüglich der Straßenproteste berichtet. Die regierungskritische Tageszeitung El Nacional schrieb auch über den Protestmarsch, hob jedoch Fälle von Repression der Polizei hervor. Teilnehmerzahlen nannte das Blatt nicht.

Für internationale Schlagzeilen sorgte indes die Entlassung der Generalstaatsanwältin Luisa Ortega durch die verfassunggebende Versammlung. Die Juristin gehörte lange dem regierenden chavistischen Lager an, hatte zuletzt aber die Seiten gewechselt und die These eines Wahlbetrugs am vergangenen Sonntag verteidigt. Ortegas Nachfolger ist der bisherige Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Tarek William Saab.

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