Washington. Die erste fünftägige Runde der Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) ist ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen. Geeinigt haben sich die Vertreter Kanadas, Mexikos und der USA auf einen "beschleunigten und umfassenden Verhandlungsprozess", der das Abkommen an die "Standards des 21. Jahrhunderts" anpassen soll. Begleitet durch verbale Drohgebärden wurden bei dem Treffen vor allem die Differenzen zwischen den USA und Mexiko deutlich. Die USA verfolgen seit der Amtsübernahme von Präsident Donald Trump eine zunehmend protektionistische Handelspolitik. Mexiko wiederum ist weltweit das Land mit den meisten laufenden Freihandelsverträgen und ein neoliberales "Musterland".
Seit Inkrafttreten des Nafta am 1. Januar 1994 sind fast alle Zollbarrieren zwischen Kanada, Mexiko und den USA abgebaut worden, wodurch sich der Handel zwischen den Vertragspartnern vervierfacht hat. Der Nafta-Raum umfasst heute rund 480 Millionen Menschen und ist der weltweit größte Binnenmarkt. Trump hatte im Wahlkampf noch ankündigt, Nafta auf Grund des Handelsdefizits mit Mexiko und des Verlustes hunderttausender Industriearbeitsplätze aufkündigen zu wollen, will nun jedoch eine grundlegende Neuausrichtung des Abkommens verhandeln. Kanada und Mexiko fordern hingegen partielle Reformen und Anpassungen des Vertragswerkes.
Laut offiziellen Äußerungen wurden während der ersten Runde der geheimen Verhandlungen ausschließlich Erwartungen der Delegationen ausgetauscht. In 28 Ausschüssen sprachen Regierungs- und Wirtschaftsvertreter vor allem über Schiedsgerichtsbarkeit bei Streitfällen sowie Ursprungs- und Herkunftsregeln. Die USA drängen darauf, den festgelegten Anteil einer Ware der aus den Mitgliedsstaaten Naftas stammen muss, zu erhöhen. Dies stellt eine Gefahr für Mexikos Montageindustrie dar, die auch von der Weiterverarbeitung japanischer und europäischer Exportprodukte für den nordamerikanischen Markt profitiert.
Für die folgenden Verhandlungsrunden, die vom 1. bis 5. September in Mexiko, Ende September in Kanada und im Oktober in den USA stattfinden, werden harte Verhandlungen im Bereich der Agrar- und Lohnpolitik vorhergesagt. Trump fordert von Mexiko, welches über Jahrzehnte eine Niedriglohnpolitik betrieben hat, eine Angleichung der Löhne. Mexiko wiederum pocht auf eine Aufnahme des Energiebereichs in das Vertragswerk. Einigkeit zwischen dürfte darin bestehen, ein Kapitel über die IT-Branche hinzuzufügen und die steigende Bedeutung der Dienstleistungen für den transnationalen Handel zu betonen.
Die Prognosen für den Ausgang der Verhandlungen sind nicht nur auf Grund der divergierenden Interessen der verhandelnden Regierungen unklar. 2018 könnten sich bei Wahlen in Mexiko und den USA Gegner der gegenwärtigen Handelspolitik der Regierungen durchsetzen, was die Ausgangssituation für Verhandlungen über Freihandelsverträge grundsätzlich ändern würde. So könnten die Demokraten die Neuwahlen des Repräsentantenhauses gewinnen und ihre angekündigte Blockadepolitik umsetzten, falls die von ihnen geforderten höheren Sozial- und Umweltstandards für Nafta nicht berücksichtigt werden. Laut Umfragen könnte in Mexiko der Kandidat des Linksbündnisses Morena, Andrés Manuel López Obrador, die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Nach anfänglicher Ablehnung von Freihandelsabkommen hat er sich für einen Fortbestand Naftas unter besseren Bedingungen für Mexikos Landwirte und Arbeiter ausgesprochen.