Kolumbien / Umwelt

Kolumbien: Zunehmende Waldzerstörung nach Rückzug der Farc

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Umweltschützer warnen vor zunehmender Entwaldung der von den Farc verlassenen Gebiete
Umweltschützer warnen vor zunehmender Entwaldung der von den Farc verlassenen Gebiete

Bogotá. Nach dem Ende des bewaffneten Kampfes der ehemals größten kolumbianischen Guerilla Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) hat sich die Zerstörung der Wälder stark beschleunigt. Im Friedensabkomen mit der Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos war auch das Verlassen der gesamten von den Farc kontrollierten Gebieten vereinbart worden, ein Großteil davon sind Wälder.

In den Waldgebieten war die Guerilla nach Auskunft einiger kommunaler Anführer eine "Umwelt-Autorität", die den Kleinbauern Regeln hinsichtlich der Abholzung für die Anlage von Äckern oder Weiden auferlegte. Nach dem Abzug hat die Bevölkerung zum Teil begonnen, über diese Zonen ohne jegliche Kontrolle zu verfügen. Aber nicht nur Bauern, sondern vor allem auch paramilitärische Gruppen und kriminelle Banden nutzten die Gelegenheit, ihr Aktionsfeld zur unkontrollierten Ausbeutung der Wälder auszuweiten.

Das Umweltportal Mongabay Latam führt beispielhaft vier Fälle auf, in denen kriminelle Banden das Vakuum ausnutzen, um ihren Einflussbereich und die Drogenhandelswege auszuweiten. Der kolumbianische Teil Amazoniens ist seitdem am meisten von Abholzung betroffen, besonders stark in San Vicente del Caguán im Department Caquetá. Hier wurden seit Oktober 2016 mindestens 4.000 Hektar Tropenwald zur Ausweitung von Viehhaltung, Holzhandel, Drogenanbau und illegalem Bergbau abgeholzt. Im Departamento Guaviare waren daran zum Beispiel der paramilitärische "Clan del Golfo" und die "Puntilleros" beteiligt, eine neue paramilitärische Gruppe, die aus dem ehemaligen "Bloque Libertadores del Vichada" hervorgegangen ist. Hinzu kommen dissidente Abspaltungen der Farc selbst, die sich den Friedensverhandlungen nicht anschließen wollten. Der Drogenhandel und der illegale Bergbau dienen den genannten Gruppen als Finanzierungsquellen.

Caquetá ist eines der Departments Amazoniens, in dem die Viehzucht die tropischen Wälder nahezu ausradiert hat. nach Angaben des Instituts für Hydrometeorologie und Umweltstudien (IDEAM) wurden 23.812 Hektar Wald zerstört, die Hälfte durch die Expansion der Agrarflächen. Angesichts der Dimension dieser Umweltproblematik hat die kolumbianische Regierung unter Leitung der Regionalregierung von Caquetá erstmals eine interinstitutionelle Strategie zum Schutz gegen die Entwaldung ausgearbeitet. Im Gespräch mit den Kleinbauernfamilien stellten die Regierungsvertreter fest, dass das Problem weit über die Umwelt hinaus geht. Die Region war seit vielen Jahren vollkommen von der Infrastruktur des Landes abgeschnitten, es mangelt an der Grundversorgung für die Bevölkerung.

Mit dem Rückzug der Farc wurden auch Regionen zugänglich, die von Wissenschaft und Umweltorganisationen bisher hinsichtlich der Biodiversität noch nicht erfasst sind. Laut einer Studie des Humboldt-Institus hat die Abholzung nicht nur viele Tausend Hektar Wald vernichtet, sondern bereits die Lebensräume von über 2.600 kolumbianischen Tier- und Pflanzenarten zerstört, darunter sind laut Klassifizierung der Welt-Naturschutzunion IUCN 31 stark bedrohte Arten betroffen.