Chile / Politik

Präsidentschaftskandidaten in Chile debattieren über Rolle der Universitäten

debate_uchile.png

Debatte der Präsidentschaftskandidaten
Zukunftsvisionen für Chile: Die Universidad de Chile lud zur Debatte der Präsidentschaftskandidaten

Santiago. Im Ehrensaal der traditionellen Universidad de Chile haben sieben der acht Präsidentschaftskandidaten die Rolle der staatlichen Universitäten diskutiert. Unter der Fragestellung "Welches Land möchten wir für die Zukunft der Chileninnen und Chilenen?" wurden die Kandidaten von Journalisten und Wissenschaftlern außerdem zu den Themen Rente, Gesundheitssystem, Rechte der Mapuche und Korruption befragt.

Die Debatte wurde von der Universität und dem Radiosender Cooperativa organisiert. Alle kandidierenden Politiker waren zur Teilnahme eingeladen. Lediglich Sebastián Piñera, der nach seiner Präsidentschaft von 2010 bis 2014 erneut antritt, ließ sich ohne Begründung entschuldigen. Die Moderatoren befragten die Kandidaten zwei Stunden lang zu ihren Reformvorschlägen und Visionen. Weitere Fragen kamen von ausgewählten Preisträgern aus den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Journalismus.

Seit Jahren ist das Thema der Hochschulbildung präsent in den öffentlichen Debatten. Verstärkt wurde die Aufmerksamkeit durch die Schüler- und Studentenproteste zwischen 2011 und 2012. Bezeichnend war es daher, dass bei der Debatte gerade Beatriz Sánchez als erste in das Thema einstieg. Als Kandidatin des Linksbündnisses Frente Amplio steht sie an der Seite des Abgeordneten und ehemaligen Anführers der Studentenproteste, Giorgio Jackson. Sánchez betonte, dass staatliche Universitäten weiterhin Orte der Begegnung verschiedener Lebensentwürfe und sozialer Schichten sein müssten. Sie beklagte jedoch die niedrige Finanzierung von Forschung und Entwicklung. Mit 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegt Chile weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder von 2,4 Prozent.

Auch der Kandidat der Fuerza de la Mayoría, Alejandro Guillier, forderte einen Ausbau der Finanzierung. In den kommenden Jahren müsse der aufgebrachte Anteil am Bruttoinlandsprodukt deutlich steigen. Es sei jedoch nicht bloß eine Frage des Geldes, so Guillier. Vielmehr sei auch ein kultureller Wandel nötig, der staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen einen Legitimationsdruck auferlege. So könne man sichergehen, dass Innovation und Investitionen der Verbesserung der Lebensqualität dienen.

Alejandro Navarro von der Partei País sowie der Kandidat der Progressiven Partei, Marco Enríquez-Ominami, betonten besonders die fatale Wettbewerbssituation, in der sich staatliche Universitäten mit privaten Bildungsinstitutionen befänden. Navarro beschrieb dabei die Hochschulen als Kinder, die vom Vater Staat im Stich gelassen wurden und nun ihre rechtmäßige Unterstützung einfordern müssten. Er forderte außerdem kostenlose Bildung, die aus der Kupferwirtschaft und über eine Reichensteuer finanziert werden solle. Damit kommt er wie auch einige andere der Kandidaten der Forderung vieler Studierenden nach, dass die Kosten der Bildung vom Staat getragen werden sollten.

Eine solche staatliche Finanzierung ist für den unabhängigen José Antonio Kast keine Option. Die Universitäten haben ihre Unabhängigkeit zum Staat zu wahren, anstatt eine finanzielle Abhängigkeit einzugehen, so der selbsternannte "rechte Kandidat". Mit höheren Zuschüssen müssten daher strengere Finanzkontrollen an den Universitäten etabliert werden.

Den linken Parteien unterstellte Kast kollektives Versagen. Damit richtete er sich besonders an den Kandidaten der Patriotischen Union und Generalsekretär der kommunistischen Partei Acción Proletaria, Eduardo Artés. Artés wurde nicht müde zu betonen, dass Reformen für ihn keine Lösung darstellten. In Chile sei das gesamte gesellschaftliche System auf wirtschaftlichen Profit ausgelegt. Für gerechte Bildung müsse es deshalb einen kompletten Umbau der Politik geben.

Schlichtend zwischen den Fronten präsentierte sich die Kandidatin der Christdemokraten, Carolina Goic. Sie lud alle Parteien ein, mit ihr zusammenzuarbeiten, um Ideen gemeinsam zu verwirklichen. Chile müsse ein Land sein, so Goic, in dem Wirtschaftswachstum und Reichtum mit dem Sozialwesen Hand in Hand gehe.