Neuer Fiskalpakt zu Lasten des Sozialsystems in Argentinien geschlossen

mmgobetrnadores2.jpg

Argentiniens Gouverneure verhandeln mit Präsident Mauricio Macri (4.v.r.)
Argentiniens Gouverneure verhandeln mit Präsident Mauricio Macri (4.v.r.)

Buenos Aires. Präsident Mauricio Macri hat unlängst ein Fiskalabkommen mit 22 der 23 argentinischen Provinzen unterzeichnet, in dem diese sich verpflichten, die Unternehmensteuer progressiv zu senken und ihre insgesamt 59 Klagen gegen den Bund wegen ausstehender Schulden fallen zu lassen. Die Provinz San Luis hat sich gegen das Vorhaben gestellt. Für den Verzicht auf 340 Milliarden Pesos (etwa 17 Milliarden Euro) sollen die Provinzen im Gegenzug Staatsanleihen bekommen. Die dabei entstehenden Einbußen sollen sie mit Erhöhung der Immobiliensteuer sowie Kürzungen bei Renten und anderen Sozialleistungen ausgleichen können. Einzig die Provinz Buenos Aires wird unter dem Strich über mehr Finanzmittel verfügen.

Nach der Vereinbarung mit dem Gewerkschaftsbund über eine Flexibilisierung des Arbeitsrechts markiert der Fiskalpakt eine weitere Etappe der neoliberalen Umstrukturierung durch die Regierung Macri. Für die Nationale Verwaltung für Sozialversicherung bedeutet die Reform für 2018 einen Verlust von 115 Milliarden Pesos (circa 5,5 Milliarden Euro). Eine Berechnungsänderung der Rentenerhöhung soll dazu beitragen, die Senkung der Beiträge aus der Wirtschaft aufzufangen. Demnach werden die Renten nicht mehr gemäß der Steuerentwicklung und Arbeitnehmerlöhnen angepasst, sondern nach Inflationsrate und einem von der Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes abhängigen Zuschlag erhöht.

Laut dem argentinischen Zentrum für politische Ökonomie bedeutet dies für die Rentner und Rentnerinnen im kommenden Jahr auf 900 Pesos (etwa 45 Euro) monatlich und auf das Weihnachtsgeld verzichten zu müssen. Auch andere Sozialleistungen wie Kindergeld und beitragsunabhängige Renten sollen künftig den Inflationsraten angepasst werden.

Der neue Fiskalpakt, die Reformen der Rente und des Arbeitsrechts sind zentrale Bestandteile der neoliberalen Wirtschaftspolitik von Präsident Macri und seiner Partei Pro. Bereits im April versicherte Finanzminister Luis Caputo vor Investoren in New York: "Wir wollen die Wahlen gewinnen, um unser Wirtschaftsprojekt zu vertiefen". Womit er auf die Parlamentswahlen vom vergangen Oktober anspielte. "Deswegen sind wir noch nicht die Steuerfrage angegangen. Wenn wir das Defizit bekämpfen, wird es mehr Demonstrationen geben und das Leben in Argentinien wird unmöglich", so Caputo weiter.

Die seit Macris Amtsantritt im Dezember 2015 vorangetriebene wirtschaftliche Öffnung, das darauffolgende Defizit, die enorme Neuverschuldung, die Entschlackung des Staatsapparates, die Verteuerung des US-Dollars und die unaufhaltsame Inflation zeigt indes ihre Wirkung. Laut Bericht des statistischen Bundesamt Argentiniens für Februar 2017 verzeichneten alle Sektoren Verluste, bis auf den Agrar- und Finanzsektor. Der Export ist um 11,7 Prozentpunkte gefallen.

Der früherer Wirtschaftsminister Juan Domingo Cavallo, der eine zentrale Rolle in der großen Wirtschaftskrise Argentinines im Jahr 2001 spielte, sieht eine starke Übereinstimmung zwischen Macris Politik und dem Wirtschaftsmodell der 1990er Jahre.