Peru / Politik / Menschenrechte

Massive Kritik an Begnadigung von Ex-Präsident Fujimori in Peru

Zwölf Politiker zurückgetreten. Massive Proteste. Forderungen nach Annullierung der Begnadigung und nach Rücktritt von Präsident Kuczynski

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In Peru hatte die Begnadigung Fujimoris im Dezember 2017 massive Proteste ausgelöst. Nach dem Widerruf versuchen seine Anhänger nun, ihn per Gesetz vor dem Gefängnis zu bewahren
In Peru hatte die Begnadigung Fujimoris im Dezember 2017 massive Proteste ausgelöst. Nach dem Widerruf versuchen seine Anhänger nun, ihn per Gesetz vor dem Gefängnis zu bewahren

Lima. In Peru hat die Begnadigung des Ex-Präsidenten Alberto Fujimori (1990-2000) heftige Reaktionen ausgelöst, auch international stößt die Entscheidung auf scharfe Kritik. Fujimori wurde wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und Korruption zu 25 Jahren Haft verurteilt und am 24. Dezember aus "humanitären" Gründen begnadigt. Dem amtierenden peruanischen Präsidenten Pablo Kuczynski wird vorgeworfen, die Begnadigung als einen politischen Deal mit Albertos Sohn, dem Abgeordneten Kenji Fujimori, ausgehandelt und sich so zehn Enthaltungen bei einem Amtsenthebungsverfahren gegen ihn selbst wenige Tage zuvor gesichert zu haben.

Zum jetzigen Zeitpunkt haben bereits zwölf hochrangige Politiker aus Protest gegen die Entscheidung ihren Rücktritt erklärt. Darunter befinden sich der Kulturminister Salvador del Solar und der Innenminister Carlos Basombrío Iglesias, dessen Amt nun Vicente Romero, Ex-Chef der Polizei, übernehmen wird. Vicente Zeballos, Sprecher der Regierungspartei Peruanos Por el Kambio, der sein Amt ebenfalls niedergelegt hat, erklärte dazu, dass die Begnadigung alles andere als "ein transparenter und nachvollziehbarer Prozess" sei und gegen die bestehende Rechtsordnung verstoße. Es handele sich keinesfalls um eine humanitäre Begnadigung, sondern um eine politische, kommentierte auch Roger Rodríguez Santander, der vom Posten des Generaldirektors für Menschenrechte des Justizministeriums bereits am 25. Dezember zurückgetreten war. Der Sprecher des Innenministeriums wies hingegen alle Vorwürfe eines politischen Deals zwischen Kuczynski und Kenji Fujimori zurück.

Indes hat die Vereinigung für Menschenrechte (Asociación Pro Derechos Humanos) des Instituts für Rechtsanglegenheiten (IDL) offiziell einen Antrag vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Das IDL fordert eine rechtliche Untersuchung der Entscheidung Kuczynskis. Carlos Rivera, der sowohl als Anwalt für Angehörige der Opfer von Fujimori als auch für das IDL tätig ist, erklärte, dass der Gerichtshof den peruanischen Staat auffordern könne, die Begnadigung Fujimoris zurückzunehmen. Diese verstößt zudem gegen bestehende Statute der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und in der Vergangenheit entschiedene Präzedenzfälle, bekräftigte Antonio Maldonado, Ex-Klagevertreter des Gerichtshofes. Es sei sehr wahrscheinlich, dass der Gerichtshof eine Annullierung der Begnadigung fordern wird.

Ein Sprecher der linken Fraktion Frente Amplio erklärte derweil, dass man zurzeit die Möglichkeit eines weiteren Amtsenthebungsverfahrens gegen Kuczynski prüfen würde.

Im ganzen Land kommt es weiter zu Protesten und Demonstration. Gewerkschaften im Süden Perus – vor allem in Arequipa, Tacna, Puno und Cusco – rufen zu einem unbefristeten Streik auf und fordern damit, die Entscheidung rückgängig zu machen. Kuczynski habe mit der Begnadigung Fujimoris jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Indes hat ein Zusammenschluss aus sozialen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ayacucho, der am schwersten vom Konflikt zur Regierungszeit Fujimoris betroffenen Region, den amtierenden Präsidenten zur Persona non grata erklärt. Sie kündigten an, Reisen von Kuczynski in die Region nicht mehr zuzulassen und forderten seinen Rücktritt.

Auch international sorgt die Begnadigung des autoritären Ex-Präsidenten für heftige Kritik. Die Erteilung von Begnadigungen sei ein großes Privileg, das eine rigorose Analyse jedes einzelnen Falls erfordere, erklärte Amerigo Incalcaterra, regionaler Vertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte. In jedem Versöhnungsprozess sei die Anerkennung der Opfer und deren Familien ein zentrales Element. Sie nicht in den Mittelpunkt zu stellen, "entkräftet den fortgeschrittenen Weg des peruanischen Staates in Bezug auf Wahrheit, Gerechtigkeit, Erinnerung und Wiedergutmachung". Bereits bei einem Besuch im Oktober kritisierte Incalcaterra das Interesse an der Begnadigung Fujimoris aus Sicht der internationalen Gemeinschaft.

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International schloss sich dieser Kritik an und bedauerte die Entscheidung Kuczynskis, da sie gegen die Verpflichtungen des peruanischen Staates in Bezug auf internationales Recht verstoße. Sie schwäche den Kampf gegen die Straflosigkeit und sei ein schwerer Schlag für den Einsatz der Opfer des bewaffneten Konfliktes für Gerechtigkeit.