Inhaftierte indigene Aktivistin in Argentinien in Lebensgefahr

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Die Anwälte Mirta Guerreros, einer Anführerin der Kooperative Tupac Amaru in Argentinien, fordern ihre umgehende Verlegung in den Hausarrest
Die Anwälte Mirta Guerreros, einer Anführerin der Kooperative Tupac Amaru in Argentinien, fordern ihre umgehende Verlegung in den Hausarrest

Jujuy, Argentinien. In Argentinien werfen die Verteidiger einer inhaftierten Aktivistin und Genossenschaftlerin den Justizbehörden vor, die Gesundheit ihrer Mandantin zu gefährden. Das Leben von Mirta Guerrero, einer führenden Funktionärin der Genossenschaft Tupac Amaru, sei nach operativen Eingriffen in Gefahr. Guerrero musste seit August zweimal operiert werden, die Regierung verweigerte ihr jedoch die postoperative Pflege im Krankenhaus und ließ sie sofort zurückverlegen. Im Gefängnis sei sie einem erheblichen Infektionsrisiko ausgesetzt und es gebe keine angemessene medizinische Versorgung. Guerrero leide nun an einer akuten Infektion der Operationswunde und müsse umgehend in den Hausarrest verlegt werden, so die Forderung.

Die Provinzregierung von Jujuy unter Gouverneur Gerardo Morales, einem engen Verbündeten von Präsident Mauricio Macri, hält seit zwei Jahren elf führende Mitglieder der indigenen Kooperative Tupac Amaru gefangen. Unter ihnen befindet sich auch Milagro Sala, Abgeordnete des Parlaments des südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Mercosur. Die Anschuldigungen stehen indes auf schwachen Füßen und werden von Menschenrechtsgruppen und internationalen Organismen heftig kritisiert. Der Richter des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Raul Zaffaroni, spricht gar von einer "Entführung durch den Justizapparat".

Die Kooperative hatte unter der Vorgängerregierung vor allem in der chronisch strukturschwachen Provinz Jujuy Tausende Wohnungen, mehrere Schulen, Ausbildungsstätten, Werkstätten und Freizeiteinrichtungen in Eigenregie errichtet. Dies rief einerseits die Aufmerksamkeit internationaler Fachleute und Medien hervor, andererseits aber auch Missgunst in den etablierten politischen Strukturen der Provinz.

Nach den Wahlen im Dezember 2015 und dem damit eingeleiteten Rechtsruck gingen die Behörden massiv gegen die Bewegung vor. Nachdem staatliche Gelder für die Kooperative von der Provinzregierung einbehalten wurden, gab es friedliche Demonstrationen und ein Protestlager im Zentrum der Provinzhauptstadt San Salvador de Jujuy. Die führenden Aktivisten wurden daraufhin wegen "Aufruf zur Gewalt und Randale" festgenommen. Da es sich hierbei um Ordnungswidrigkeiten handelt, die nicht mit Gefängnis bestraft werden, änderten die Justizbehörden später die Anklagen auf Unterschlagung öffentlicher Mittel, die Gefangenen wurden in das Hochsicherheitsgefängnis Alto Comedero verlegt.

Der Öffentlichkeit wird das Vorgehen gegen die Genossenschaft als "Kampf gegen die Korruption" präsentiert. Bislang wurden jedoch lediglich Prozesse wegen Aufruhr, Nötigung und Verkehrsbehinderung eröffnet.

Gegen Milagro Sala gab es zwei Gerichtsverfahren, eines wegen Eierwürfen auf Morales, damals noch Senator, während einer Protestveranstaltung. Obwohl sie dabei nach Darstellung ihrer Anwälte gar nicht anwesend war, wurde Sala zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Beim zweitem Prozess wegen angeblicher Drohungen gegen Polizisten wurde sie freigesprochen, verbleibt jedoch in Haft.

Für die Freilassung Salas und Ihrer Mitstreiter setzen sich zahlreiche argentinische und internationale Gruppen und Instanzen ein. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte verlangte mehrfach, dass sie die Untersuchungshaft in Hausarrest verbringen kann. Die Provinzbehörden setzten dies um, indem sie kurzerhand ein als Rehabilitationszentrum gebautes Haus der Tupac Amaru zum "Heim" von Sala erklärten und wie einen Hochsicherheitstrakt absicherten.