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Mexikanische Unternehmer betreiben Wahlkampf mit Kindern

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Szene aus dem umstrittenen Spot in Mexiko
Szene aus dem umstrittenen Spot in Mexiko

Mexiko-Stadt. Kurz vor dem Tag der Kinderrechte am 30. April hat in Mexiko ein provokanter Werbefilms für Wirbel im Wahlkampf gesorgt: Fünf Kinder im Primarschulalter ahmen darin Kandidaten für das mexikanischen Präsidentschaftsamt nach und fordern, dass die "Bildungsreform voranschreitet". Am Ende des einminütigen Films der Lobbyorganisation "Mexicanos Primero" (Mexikaner zuerst) fordert eine Kinderstimme die Zuschauer auf, sich gut zu überlegen, wem man bei den Wahlen am 1. Juli die Stimme gebe.

Die umstrittene Bildungsreform der Regierung des amtierenden Präsidenten Enrique Peña Nieto wird von der unabhängigen Gewerkschaftskoordination CNTE wegen ihres neoliberalen Charakters und angestrebter Privatisierungen heftig kritisiert. Der Kandidat Andrés Manuel López Obrador von der Linkspartei Morena hat angekündigt, die Reform, die seit 2013 in Kraft ist, aber bisher keine sichtbaren Verbesserungen im Bildungsbereich gebracht hat, rückgängig zu machen.

Verschiedene Organisationen aus dem Bildungsbereich, aber auch Kinderschutzorganisationen haben sich kritisch über den Werbespot geäußert. Das Mexikanische Netzwerk für Kinderrechte (REDIM) bezeichnete es als ethisch fragwürdig, Kinder für Nachrichten zu verwenden, welche an Erwachsene gerichtet sind. Für Alicia Rivera, Professorin der Nationalen Pädagogik-Universität, ist dieser Missbrauch der Kinder für Wahlkampfzwecke "eine wahre Perversität". Neben der ideologischen Absicht des Films kritisierte sie auch das Nachahmen der Dialekte und des Verhaltens der Kandidaten im Film: "Damit werden rassistische Denkmuster sowie Gender-Stereotype reproduziert" und dies das sei für eine Organisation wie "Mexicanos Primero", die sich angeblich für bessere Bildung einsetze, "völlig entlarvend".

Die Organisation Mexicanos Primero wurde vor zehn Jahren vom Unternehmer Claudo X. González gegründet. Seit 2017 wird diese vorgeblich zivilgesellschaftliche Organisation von Alejandro Ramírez Magaña geleitet, Ramírez ist gleichzeitig Besitzer der Kinokette Cinépolis. In dessen Kinos sowie im Privatfernsehen läuft denn auch der umstrittene Spot. Seit zehn Jahren bekämpft Mexicanos Primero angeblich die Missstände im öffentlichen Bildungswesen, hat dabei aber insbesondere die Arbeitsrechte der oppositionellen Lehrerinnen und Lehrern im Auge. Große Teile der Bildungsreform wurden wortwörtlich aus Texten von Mexicanos Primero abgeschrieben. Mit den Kinderakteuren im neuen Propagandafilm scheint der Organisation jedoch zu weit gegangen zu sein. Der Empörung über den Film schloss sich auch die Partei Morena an und forderte von den Wahlbehörden ein Ausstrahlungsverbot.