Nicaragua / Politik

Zehntausende Sandinisten und Ortega-Gegner demonstrieren in Nicaragua

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Auf der Avenida De Bolívar a Chávez in Nicaraguas Hauptstadt kamen tausende Regierungsanhänger zu einer Kundgebung zusammen
Auf der Avenida De Bolívar a Chávez in Nicaraguas Hauptstadt kamen tausende Regierungsanhänger zu einer Kundgebung zusammen

Managua. Anhänger und Gegner der regierenden Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) von Präsident Daniel Ortega sind am Mittwoch wieder in zahlreichen Städten Nicaraguas auf die Straße gegangen.

Auf der Avenida De Bolívar a Chávez in der Haupstadt Managua kamen tausende Menschen zu einer Kundgebung zusammen, um gegen die andauernden Gewaltaktionen kleiner Gruppen von Regierungsgegnern und gegen die Destabilisierung des Landes zu protestieren. Zugleich drückten sie ihre Unterstützung für die FSLN und den von Ortega angeregten Dialog aus. Der Generalsekretär der Nationalen Arbeiterfront und Parlamentspräsident, Gustavo Porras, betonte in seiner Ansprache, dass "nicaraguanische Familien den Frieden verteidigen, weil sie die Entwicklung und den Fortschritt mit der FSLN fortsetzen wollen".

Nur wenige Kilometer entfernt versammelten sich ebenfalls tausende Menschen zu einem "Blau-weißen Marsch" (die Farben der Nationalflagge). Vom Vorplatz der Kathedrale zogen sie unter dem Motto "Für Gerechtigkeit und Demokratisierung" bis zum Cristo-Rey-Rondell. Gefordert wurde unter anderem die Aufklärung der Todesfälle bei den Unruhen zwischen dem 18. und dem 23. April, ein Ende der Gewalt sowie der Rücktritt von Präsident Ortega und Vizepräsidentin Rosario Murillo. Die Polizei sicherte auf Ersuchen der "Bewegung für Nicaragua" den Demonstrationszug ab, um Zusammenstöße mit Regierungsanhängern zu vermeiden.

Der Marsch endete erneut mit Ausschreitungen durch Vermummte mit selbstgebauten Waffen und Eisenstangen, wie Korrepsondenten der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina berichten. Unter anderem wurde ein städtischer Bus mit Steinen angegriffen, was bei den Fahrgästen, darunter Frauen, ältere Menschen und Kinder, Panik auslöste. Nach der Zerstörung des FSLN-Hauses im 6. Bezirk von Managua versuchten Gewalttäter, auch den dortigen Sitz des Bürgermeisteramtes niederzubrennen. Im Bezirk Portezuelo wurden vier Polizeibeamte durch Schüsse verletzt.

Dies war bereits die dritte Großdemonstration gegen die Regierung Ortega innerhalb von 16 Tagen.

Auslöser der Proteste, die seit dem 18. April anhalten, war die Ankündigung einer Reform der Sozialversicherung, welche die von Arbeitnehmern und Unternehmen zu zahlenden Beiträge in die Rentenkasse erhöht. Gleichzeitig sollte die Rente um fünf Prozent gekürzt werden. Tausende Menschen gingen dagegen auf die Straßen, neben Rentnern auch viele junge und Studenten. Es kam zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sandinisten. Die Regierung antwortete mit harten Polizeieinsätzen. Die Reform wurde daraufhin zurückgezogen. Organisierte Gruppen von Regierungsgegnern nutzen die Situation seitdem für Gewaltakte gegen staatliche Einrichtungen, Parteibüros der FSLN und Häuser von bekannten Sandinisten.

Die Regierung, Vertreter der Privatunternehmer und Studenten bereiten indes unter Vermittlung der katholischen Kirche einen Dialog vor. Das Parlament von Nicaragua hat am vergangenen Dienstag eine Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden einberufen, welche die gewalttätigen Ereignisse der jüngsten Zeit untersuchen soll. Dabei starben zahlreiche Menschen, nach Regierungsangaben waren es 25, NGO berichten von 63. Unter den Toten waren auch zwei Polizisten und mehrere Regierungsanhänger. Hunderte Menschen wurden verletzt.