Argentinien nimmt Kredit von 50 Milliarden US-Dollar bei IWF auf

Abkommen sieht starke Einschnitte bei staatlichen Investitionen und Sozialausgaben vor. Zehntausende protestieren. Generalstreik angekündigt

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IWF-Direktoren Christine Lagarde mit Präsident Mauricio Macri vergangene Woche auf dem G7-Gipfel in La Malbaie, Kanada
IWF-Direktoren Christine Lagarde mit Präsident Mauricio Macri vergangene Woche auf dem G7-Gipfel in La Malbaie, Kanada

Buenos Aires/La Malbaie/New York. Argentinien wird einen Kredit in Höhe von insgesamt 50 Milliarden US-Dollar beim Internationalen Währungsfonds (IWF) aufnehmen. Dies teilte die Regierung von Präsident Mauricio Macri unlängst mit. Die Verhandlungen seien abgeschlossen und bedürften nur noch der formalen Zustimmung der internen Gremien des IWF, welche am kommenden Mittwoch erfolgen soll. Eine erste Rate von 15 Milliarden US-Dollar soll bis Ende des Monats ausgezahlt werden. Die restlichen Zahlungen werden innerhalb von drei Jahren auf Abruf erfolgen. Damit wird die ausländische Neuverschuldung Argentiniens seit Antritt der Regierung Macri auf fast 200 Milliarden US-Dollar anwachsen.

Der argentinische Kreditantrag folgt einer Phase der starken Pesoabwertung, auf welche die Nationalbank in den letzten Wochen und Monaten mit massiver Devisenflutung reagiert hat. Macri erklärt, es handele sich um ein "historisches Abkommen", welches beweise, dass der IWF Vertrauen in die Politik seiner Regierung habe.

Die Kreditgewährung erfolgt nicht ohne Gegenleistung. Argentinien verpflichtet sich gegenüber dem IWF zur Durchführung eines Strukturanpassungsprogramms, mit welchem die öffentlichen Ausgaben gekürzt, staatliche Subventionen gestrichen, Ausgleichszahlungen an die Provinzen zum Teil eingestellt, staatliche Gehaltszahlungen zurückgeschraubt und das Sozialwesen beschnitten werden. Die geplanten Einsparungen sollen in den kommenden drei Jahren rund 19 Milliarden US-Dollar betragen. 2020 soll demnach ein Nulldefizit erreicht werden.

Leidtragende werden unter anderen die Endverbraucher von Strom, Gas, Treibstoff und Transportdienstleistungen sein, deren Preise noch staatlich gestützt werden, um sie auch für einkommensschwache Milieus leistbar zu machen. Bereits Anfang des Jahres war es hier erneut zu massiven Preiserhöhungen von bis zu 50 Prozent gekommen. Die anstehenden Subventionskürzungen werden weitere Preissprünge nach sich ziehen. Ebenso massiv betroffen sind Angestellte in staatlichen und staatsnahen Einrichtungen, deren Personalstand bei zunehmendem Lohndruck in Zukunft weiter drastisch reduziert werden soll.

Kritiker betonen, dass der Kredit statt für die Stärkung der Realwirtschaft zu einem wesentlichen Teil für die Stabilisierung des Peso aufgewendet werden muss, der in den vergangenen Wochen stark unter Druck geraten war, was die Inflation zusätzlich anheizte. Die Nationalbank hat seither rund 14 Milliarden US-Dollar auf den Markt geworfen, also in etwa jene Summe, die für die erste Ratenzahlung vorgesehen ist. Für 2018 wird erneut eine Inflationsrate von 30 Prozentpunkten prognostiziert. Angesichts dessen sah sich die Regierung bereits gezwungen, ihre offiziellen Inflationsziele für 2018 aufzugeben.

Laut Carlos Heller von der Solidarischen Partei (Partido Solidario, PSOL) sind die Anpassungen infolge des IWF-Kredits lediglich eine Fortsetzung des schon lange verfolgten Austeritätsprogramms der Regierung Macri. "Die Unterwerfung unter die Forderungen des IWF können als Strategie Macris verstanden werden, die Anpassungen weiter zu verschärfen und zugleich jemand anderem dafür die Schuld zuzuschieben", so Heller.

Die letzte große Kreditaufnahme Argentiniens beim IWF endete zu Beginn der 2000er Jahre in Staatsbankrott, Plünderungen und dem Sturz der Regierung. Am vergangenen Nationalfeiertag, dem 25. Mai, sind in Buenos Aires zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die erneute Neuverschuldung zu protestieren. Der Gewerkschaftsdachverband CGT hat indes für den 25. Juni einen landesweiten Generalstreik gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung angekündigt. Es wird der dritte in der Amtszeit von Staatspräsident Macri sein.